Donnerstag, 19. Dezember  2002

Hersbrucker Stadtrat gibt mit großer Mehrheit Signal an mögliche Investoren

Klares Ja zu neuen Märkten

Vertrauen auf Prüfung durch Regierung —
Vier Gegenstimmen und ein drohendes Bürgerbegehren

Über das alte Scheindel-Areal informierten sich die Altstadtfreunde im Sommer. Auch dieses Gelände 
kommt künftig für große Einzelhandelsstandorte in Frage.                                                Foto: G. Bauer 

HERSBRUCK (gz) - Eine breite Hersbrucker Stadtratsmehrheit folgte dem Vorschlag von Verwaltung und Bauausschuss, für Krötensee und andere stadtnahe Gebieten künftig prinzipiell größere Einzelhandelsgeschäfte zuzulassen. Die Gegner dieser Linie unter den Zuhörern kündigten noch im Sitzungssaal ein Bürgerbegehren dagegen an.

Ein schnelles Ende fand die Debatte, als nach den ersten Pro- und Kontra-Stellungnahmen Werner Häffner (Rathausblock) die sofortige Abstimmung forderte und dafür eine breite Mehrheit bekam. Gegen den Grundsatzbeschluss stimmten dann die zwei CSU-Räte Kathrin Riedl und Peter Matzner sowie Dieter Kuhn (ÖDP) und Paul Kornmayer (Grüne).

Eine große überfraktionelle Mehrheit folgte den Überlegungen, die Bürgermeister Wolfgang Plattmeier nochmals in die Diskussion einbrachte. Derzeit, so das Stadtoberhaupt, konnte ein Markt mit einer Verkaufsfläche von über 700 Quadratmetern nur am Schickedanz-Areal entstehen. Dort aber sei man räumlich beengt. Wolle man Investoren andere zentrumsnahe Flächen anbieten, brauche die Verwaltung einen Grundsatzbeschluss des Stadtrats. In Frage kämen Gelände am Scheindel- Areal, in Krötensee, am Eisenbahnweg, am rechten oder linken Bahnhof (Muggenthaler). 

Sicherungen für die Altstadt

Zukünftigen Investor-Angebots sieht Plattmeier mehrere Sicherungen zu gunsten der Altstadt: Zuerst prüft die Regierung das Vorhaben auf seine -Verträglichkeit mit der Raumordnung und der Städtebauförderung. Wäre vom Warensortiment her eine erkennen Verödung des Innenstadt-Handels zu erwarten, müsste die Stadt die staatlichen Zuschüsse zur Altstadtsanierung zurückzahlen. Weil der Stadtrat das nicht will, würde er ein solches Projekt dann ablehnen. 

Wie Norbert Dünkel inzwischen erfahren hat, zieht die Regierung zur einen Bewertung der Warensegmente die so genannte Ulmer Liste heran. Diese unterscheidet zwischen Artikeln, die es im Zentrum hinreichend gibt (von B wie Basteln über Fotos und Kleidung bis Z wie Zooartikel), und solchen, die nicht in die Altstadt passen (von B wie Badeeinrichtung über Camping und Küchen bis Z wie Zäune).

Aber auch bei einem Ja der Regierung bleibt der Stadtrat in Entscheidung frei, so Plattmeier weiter. Man solle doch „Vertrauen in die Fähigkeit des Stadtrats“ haben, die Belange der Altstadt zu erkennen und „im Einzelfall gewissenhaft abzuwägen.“ 

„Zu niedlich“

Kathrln Riedl (CSU) blieb bei Ihrer Ablehnung großer Märkte

Schließlich sei für jedes konkrete Marktprojekt auch ein Bebauungsplan nötig, wo Träger öffentlicher Belange und Bürger zu Wort kämen. „Es geht heute darum, Hersbruck nicht von Interessenten großflächiger Einzelhandelsprojekte abzuschotten“, appellierte der Bürgermeister an skeptische Stadträte wie Zuhörer.

Sollte sich ein Projekt realisieren, kämen aufgrund der Marktsituation kaum noch weitere. Dürfe keiner nach Hersbruck, würde Kaufkraft in die Umgebung abwandern.

Dieser Argumentation folgten Brigitte Stöber für die SPD und Günther -Langheinrich für den Rathausblock, der die „ganz begrenzte Handlungsanweisung an den Bürgermeister“ begrüßte. Für die CSU-Mehrheit sprachen Norbert Thiel und Norbert
Dünkel. Der zitierte die erst im Sommer vom bayerischen Ministerrat beschlossene Verordnung, die für große Einzelhandelsmärkte zum einen „städtebaulich Integrierte Lagen“ fördert und beim angebotenen Sortiment mit exakten Prozentzahlen nur eine „nicht wesentliche“ Beeinträchtigung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung zulässt. Da die Ulmer Liste von der Regierung bei der Prüfung herangezogen wird, müsse man sie im Stadtratsbeschluß nicht nochmals aufnehmen.

Genaue Vorgaben gewünscht 

Genau dieses aber schlugen Kathrin Riedl und Peter Matzner (beide CSU) vor: „Schreiben wir es halt rein“, suchte Matzner einen Kompromiss. Er hielt auch die sich wandelnde Haltung der Markt-Befürworter gegenüber der Ulmer Liste fest, die man zuerst für schwer handhabbar hielt und jetzt der Regierung als Planungsinstrument überlasse. Riedl zitierte ein Beispiel aus Ravensburg, wo der Stadtrat genaue Sortimentsvorgaben gemacht habe: „Das wird mir alles zu sehr verniedlicht hier. Dann heißt es wieder: Kathrin, warum regst du dich auf?“

Einen Appell an seine Ratskollegen hielt Dieter Kuhn (ÖDP). Das Setzen auf die Regierung sei ihm zu vage, da Formulierungen wie „integrierte Lage“ oder „unwesentliche Beeinträchtigung“ interpretierbar blieben. Zur denkmalgeschützten Altstadt, zu Slow City und Thermalbad passten keine Großmärkte. Es drohe auch die „schleichende Enteignung der Grundstückseigner in der Altstadt“. Kuhn mahnte stattdessen „eine Wende zur Belebung der Altstadt“ an.

Da sah Bürgermeister Plattmeier nicht die Defizite bei der Politik. Die Verwaltung sei weder für hohe Mietpreise in der Altstadt verantwortlich noch für fehlende Waren wie die angemahnten Nägel und Hammer. Obwohl noch etliche Redner auf der Liste standen, beendete der erfolgreiche Debattenschluss-Antrag von Werner Häffner (FRB) die Diskussion abrupt. Dann war Zeit für die traditionellen Jahresabschlussansprachen von Bürgermeister und Häffner als anwesender Ratsältester.
 
 

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