Freitag, 6. September 2002

"Tag des offenen Denkmals" bot ungewohnte Einblicke in historische Hersbrucker Bauten

Leben in alten Stadt-Türmen 

Stadt stellte Mauer mit Wildzirkelturm sowie Kunstmuseum mit Skulpturengarten vor, Verein den Gänsturm


Wilhelm Henke vom Verein "Dokumentationsstätte KZ Hersbruck" gab den Besuchern von Wildzirkelturm und Wehrgang Informationen über die Stadtgeschichte


Quiz im Gänsturm: Wo stehen oder standen diese alten Hersbrucker Häuser?

Sie stellten beim Eröffnungs-Rundgang fest, dass sich der nördliche Altstadtrand ordentlich gemausert hat: von links Bundestagsabgeordnete Verena Wohlleben, Bürgermeister Wolfgang Plattmeier, Stadtarchivar Albert Geng, Stadträtin Brigitte Stöber, Rathaus- Geschäftsleiter Hubert Storath, Stadtrat Franz Benaburger und Kunstmuseum- Fördervereins- vorsitzender Dr. Anna M. Scholz. 

Fotos: T. Kohl

 

 

HERSBRUCK (ko) - ,Da bin ich schon so oft dran vorbei gelaufen. Drin war ich noch nie gewesen. Dass das so interessant ist, hätte ich nicht geglaubt." So wie dieser Hersbruckerin, die zum ersten Mal die steilen Treppen im Gänsturm hochstieg und die vielen Zimmerchen bestaunte, ging es gestern etlichen Leuten. Beim europaweiten ,Tag des offenen Denkmals" konnte man das Innenleben historischer Bauten kennen lernen, von denen man normalerweise nur die Außenfassade kennt.

,Das nimmte ja gar kein Ende mehr." Von außen wirkt der Gänsturm gar nicht so groß. Aber innen! Über viele Stufen kommt man in den ersten Raum, wo die Altstadtfreunde zu einem Quiz einladen: Zeichnungen von Heinz Bauer zeigen alte Hersbrucker Häuser, die mittlerweile abgebrochen oder stark verändert worden sind. Welche Bauten sind es, wo stehen oder standen sie? Die Antwort fällt selbst eingefleischten Hersbruck-Kennern oft nicht leicht. Und wenn man glaubt, alle Aufgaben gelöst zu haben, sagt plötzlich Phil Sydenham: ,Die oberen Räume können Sie auch noch anschauen!"

Von Etage zu Etage, je näher man dem Turmdach kommt, werden die Treppen immer enger und steiler. Aber die Mühe lohnt sich. Die Aussicht durch die Turmfenster wird mit jedem Höhenmeter grandioser. Von der obersten Etage überblickt man die kantige rotbraune Dachlandschaft der Hersbrucker Altstadt, erspäht im Hintergrund den Arzberg. Ein hübsches Städtchen in einer herrlichen Gegend, voller baulicher Kostbarkeiten.

Was muss erhalten werden?

Das betonte auch Bürgermeister Wolfgang Plattmeier beim Denkmalstag-Eröffnungsrundgang: ,Wir sind reich gesegnet mit Kostbarkeiten aus der Denkmalkultur." So erfreulich das ist, es bringt auch Probleme. Die Bewahrung des historischen Erbes aus Holz und Stein bringt Nutzungsbeschränkungen und kostet viel Geld - mehr als mancher, vor allem private, Denkmalseigentümer aufbringen kann. So meinte Plattmeier: ,Es muss sorgfältig abgewogen werden, was denn unbedingt - auch in schwierigen Zeiten - zu erhalten ist und was nachrangig zu behandeln ist. Ich weiß, dass sich hier die Geister scheiden. Aber nicht jeder Wunsch lässt sich erfüllen."

Umstrittener Umbau

Denkmalschutz führt oft zu Konflikten und Zugeständnissen, wie im Fall der Spitalscheune an der Turngasse, die derzeit zu einem Wohnhaus umgebaut wird. Bürger kritisieren, dass dem Eigentümer offenbar ziemliche Freiheiten eingeräumt werden. Plattmeier ging in seiner Ansprache kurz darauf ein: ,Ich habe vor wenigen Tagen ein Schreiben vom Landesamt für Denkmalpflege bekommen, in dem es erklärt, dass es von Anfang an in die Maßnahme eingebunden war. Es war ein Abwägungsprozess. Was hier gemacht wird, ist so erlaubt worden. Wegen der Fenster werden allerdings noch Gespräche geführt, hier strebt man Sprossenfenster an."

Während die Altstadtfreunde sich kurzfristig entschlossen, ihr Vereinsdomizil im Gänsturm am Denkmalstag zu öffnen, hatte die Stadt schon länger geplant, welche historischen Ensembles sie heuer bei dieser europaweiten Aktion zur Schau stellen will: die teilrenovierte Stadtmauer mit dem Wildzirkelturm am Mauerweg und das Kunstmuseum ,Einlasshaus am Spitaltorturm" mit dem Skupturenweg im ehemaligen Stadtgraben. Früher waren es unscheinbare Bauten und wenig gepflegte Randbereiche der Altstadt. Nun sind es es Attraktionen für Bewohner und Besucher Hersbrucks. Auch die Bundestagsabgeordnete Verena Wohlleben zeigte sich bei dem Eröffnungsrundgang davon begeistert.

Ihr imponierte, dass zwei sanierte historische Bauten genutzt werden, um Einblick in Kultur und Geschichte zu geben. Im Kunstmuseum werden Werke zeitgenössischer Künstler präsentiert. Im Wildzirkelturm — dem westlichen Endpunkt des begehbaren Wehrgangs — hat der Verein ,Dokumentationsstätte KZ Hersbruck e.V." sein Domizil. Auf Schautafeln informiert er über das wohl düsterste Kapitel der Hersbrucker Vergangenheit. ,Interessant", murmelt eine auswärtige Besucherin. ,Davon habe ich vieles noch nicht gewusst." 
 
 





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