Donnerstag, 30. Mai 2002

Hersbrucker Altstadtfreunde besichtigen das Scheindel-Arial zwischen Grabenstraße und Bahnstrecke

Steinerne Überbleibsel einer Baustoff-Firma

Gähnende Leere, wo einst Betriebsamkeit herrschte:

Gähnende Leere, wo einst Betriebsamkeit herrschte: 
Die Altstadtfreunde in Scheindel-Werkhallen.G. Bauer 

Geschäftsführer Günter Merkel erklärte Geschichte der Firma - Verlassene Hallen warten auf Abbruch, das Gelände auf neue Nutzung

HERSBRUCK (geb) - Im Rahmen ihres Jahresprogramms ,"Vom Kolonialwarenladen zum Supermarkt, Geschichte und Gegenwart des Handels in einer alten Stadt" besichtigten die Altstadtfreunde Hersbruck das verlassene Gelände der Baustofffirma Scheindel an der Grabenstraße. "Scheindel-Areal, quo vadis" war dieser Stadtspaziergang betitelt.

Geschäftsführer Günther Merkel führte die Altstadtfreunde durch das Terrain zwischen Grabenstraße und Eisenbahnlinie, das von 1923 bis 1998 den Baustoffhandel und die Betonwarenherstellung der Firma Scheindel beherbergte. Die einstige Betriebsamkeit ist einer bedrückenden Stille und Leere gewichen. "Es stimmt schon etwas wehmütig, diese verlassenen Werkstätten zu sehen, wo einmal viele Menschen ihr Arbeitsleben verbracht haben", meinte Christian Breu, der Vorsitzende der Altstadtfreunde, beim Anblick der Fertigungs- und Lagerhallen mit den eingeschlagenen Fenstern.

Der Betrieb wurde 1866 als Maurer- und Grabsteingeschäft in Hersbruck gegründet. Um die Jahrhundertwende erwarb die Firma das heutige AOK-Gelände und produzierte dort Baustoffe, mit denen damals viele große Projekte in und um Hersbruck beliefert wurden, wie Ranna-Leitung, Bahnanlagen, Realschule, die Klinik in Engelthal und einige Villen am Michelsberg.

1923 wurde der Betrieb in die Grabenstraße 6 verlegt. Dorthin führte ein Gleisanschluss, über dem später ein großer Portalkran errichtet wurde. Über 70 Mitarbeiter hatte die Firma damals.

Merkel zeigte die Maschinen, mit denen um diese Zeit Hohlblocksteine und Betonrohre gefertigt wurden, bis andere Firmen die Baustoffe in Massenproduktion herstellten, wodurch die Eigenproduktion unrentabel wurde.

Der Erste Weltkrieg und die folgende Inflationsperiode waren schwere Zeiten für die Firma, berichtete Günther Merkel. Die allgemeine materielle Unsicherheit hatte fehlende Aufträge und damit eine hohe Arbeitslosigkeit zur Folge. Merkel zitierte aus den Aufzeichnungen des damaligen Firmeninhabers: "Ich habe viele schlaflose Nächte, weiß ich doch nicht, wie ich am Freitag meine Leute bezahlen kann, die brauchen es aber doch so dringend."

Einen Aufschwung erlebte der Betrieb ab 1933, bis der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs die Entwicklung zum Stillstand brachte. Die Arbeiter mussten als Soldaten zur Wehrmacht und die Behörden beschlagnahmten den Fuhrpark für Kriegszwecke.

Erst die Währungsreform 1948 und das folgende Wirtschaftswunder brachten einen Neuanfang und bewirkten den stetigen Fortschritt. Die Firma erwarb das im Osten angrenzende Grundstück Steingasse 1 und schaffte auf dem ehemaligen Gartengrundstück Platz für eine große Betonmischanlage.

Umzug in die Ostbahnstraße

"Diese Mischanlage mussten wir 1980 in die Ostbahnstraße verlegen", so der heutige Geschäftsführer. "Durch die schmale Zufahrt von der Grabenstraße transportierten unzählige Lastkraftwagen täglich bis zu 1000 Tonnen Material in beiden Richtungen. Das ließen die Verkehrverhältnisse in der Hersbrucker Innenstadt nicht mehr zu."

Nach dem Erwerb einer ausreichend großen Fläche verlagerte die Firma 1998 schließlich das noch in der Grabenstraße verbliebene Betriebsbüro und den gesamten Baustoffhandel in die Ostbahnstraße.

"Nun ist dieses letzte große Areal im Stadtinneren für eine neue Nutzung frei" schloss Merkel den Abriss der langen Firmengeschichte des heutigen "Bauwaren & Betonwerkes Andreas Scheindel GmbH & Co KG".
 
 






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