Winkelhaider Handballer treffen auf einen Gegner mit derzeit vielen Fragezeichen
Wenn am Samstag um 17 Uhr 15 in der TSV - Sporthalle in Winkelhaid, das Spitzenspiel der Handball Landesliga-Mitte zwischen dem TSV und der TG Landshut angepfiffen wird, so empfängt der aktuelle Tabellenzweite einen punktgleichen Spitzenreiter, der bis zum 15. Spieltag im Schnitt 30 Tore pro Spiel erzielt hat, in den letzten beiden Begegnungen jedoch nur 18. Dabei ist der einst so stolze Ligaprimus am letzten Sonntag haarscharf an einer Blamage vorbeigeschrammt. Nur mit Mühe konnte ein Punktverlust gegen das mit lediglich 7 Feldspielern per Bayernticket mit der Bahn aus Nürnberg angereiste Schlusslicht der Tabelle vermieden werden. Zwei Minuten vor Spielende hatte der Club sogar noch mit einem Tor geführt. Fragen über Fragen also, auf die dieses Spiel der gesamten Liga endlich eine Antwort geben wird.
Aber jede Partie läuft anders und vermeintlich angeschlagene Gegner sind die gefährlichsten. Besonders in einem Spiel, das entscheidet wer aus dem Titelrennen um den Aufstieg in die Bayernliga ausscheiden wird. Keine der beiden Mannschaften kann sich also eine Niederlage erlauben und ein Unentschieden würde nur dem TSV Indersdorf als lachendem Dritten helfen. Auch dadurch erfährt dieses Spiel seinen ganz besonderen Reiz. Ein sportlicher Krimi, der an den Nerven aller rütteln wird.
Körperlich liegen die Vorteile ganz klar auf Seiten der Niederbayern. Keine andere Mannschaft in der Liga verfügt über derart hünenhafte Rückraumspieler wie die TGL. Gleich drei an der Zahl. Diese unter Kontrolle zu halten, muss das Hauptaugenmerk der Winkelhaider Deckung sein, auch wenn einer aus dieser Reihe, der slowenische Neuzugang Sebastian Podbregar in Winkelhaid nicht auflaufen sollte. Im Angriff steht der TSV dann einer 5:1 Deckung gegenüber, in der die Riesen hinter dem vorgezogenen „Abfangjäger“ den Mittelblock bilden und somit ein schier unüberwindliches Bollwerk gegen Würfe aus dem Rückraum bilden. Hinter ihnen steht dann noch mit dem 46-jährigen Haris Elezovic ein erfahrener Torhüter der Extraklasse, der auch freie Würfe vom Kreis reihenweise entschärfen kann. Doch trotz dieser Überlegenheit schafften es die Winkelhaider, die TGL im Hinspiel an den Rand einer Niederlage zu bringen. Und dies ohne den damals schwer verletzten Michal Kaspar. Aber da war der TSV vielleicht noch Neuland für Landshuts Coach Klaus Wegmann und seine Spieler. Deshalb wird es auch hochinteressant werden, mit welcher taktischen Marschroute beide Trainer ihre Mannschaften auf das Feld schicken und wie sie gegebenenfalls reagieren werden.
Der größere Druck lastet dabei sicher auf den Landshuter Gästen. Denn dort will man unbedingt wieder höherklassigen Handball sehen und an alte Zeiten anknüpfen. Von den Voraussetzungen hierfür erscheint die TGL ja auch geradezu prädestiniert. Sportlich befinden sich beide Mannschaften zwar auf enger Tuchfühlung, doch sie bewegen sich in einem Vereinsumfeld, das Welten voneinander entfernt ist. Dort der größte Sportverein in Niederbayern mit 6000 Mitgliedern, 160 Fachübungsleitern, 90 Nachwuchsmannschaften und sage und schreibe 5 vereinseigenen Bussen. Hier der kleine Turn- und Sportverein mit 1000 Mitgliedern in einer 4000-Seelen Gemeinde. Dort die imposante Anlage des neuen Sportzentrums West, geziert mit der Ehrenplakette für Josef Deimer, der als langjähriger Bürgermeister der 60 Tsd. Einwohner zählenden Bezirkshauptstadt deren Errichtung maßgeblich vorangetrieben hat. Hier die kleine, nicht mehr so neue vereinseigene Sportanlage in Winkelhaid, die zum großen Teil in freiwilligen Arbeitsstunden errichtet worden ist. Dort verfolgen in der Spitze 1000 Zuschauer ein Handballspiel, hier können es nur maximal 300. Dort prägt der Name des Sponsors die Bezeichnung der Handballer: „TG Biller Landshut“, hier steht noch immer der alte, unverfälschte Namenszug.
Das Spiel selbst stellt für den TSV den vorläufigen sportlichen Höhepunkt einer Mannschaft dar, deren Ursprünge bis in den Herbst 2002 zurückreicht. Aus dem kleinen Kader, der damals (nach dem Generationenumbruch) für den TSV in die BOL - Saison startete und 2003 den 9. Platz belegte sind heute noch dabei: Peter Faderl, Dieter Göttlich, Jakob Lad, Martin Nitka und Jiri Smolik. Im Sommer 2003 stießen Karl Rettenbacher und Michal Kaspar dazu; als Trainer konnte Ladislaus Ferencz gewonnen werden, der Anfang der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts den TV Lauf in die Regionalliga geführt hatte. So wurde Ende der Saison 2003/2004 der 6. Platz in der BOL erreicht. Zu Spielbeginn 2004/2005 kam Tamas Kun aus Ungarn nach Winkelhaid, um sich hier eine eigene wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Am Saisonende zwang dann schon der TSV den TB Roding in die Relegation um den Landesligaaufstieg. Trotz des damaligen Scheiterns gelang dem personell völlig unveränderten Team in 2006 die verlustpunktfreie BOL – Meisterschaft. Um in der Landesliga bestehen zu können, stießen dann letztes Jahr Peter John und Koos Rettenbacher, zusammen mit Jiri Kosnar – im Rahmen der Torhüterrochade zwischen Hersbruck, Winkelhaid und Lauf - und dem Perspektivspieler Tamas Virag, der verletzungsbedingt 12 Monate lang keinen Ball mehr in die Hand genommen hatte, zum TSV. Abgerundet wurde der Kader durch die drei A-Jugendlichen Christian Räbel, Andreas Kiunke und Sebastian Mangold.
Eng verzahnt mit dieser kontinuierlich steigenden, teilweise schon atemberaubenden sportlichen Entwicklungslinie war und ist die soziale Einbettung aller Spieler in die Handballabteilung. Deshalb ist diese Mannschaft auch nicht auf Biegen und Brechen zum Erfolg verdammt und wird auch eine Niederlage gegen Landshut verkraften können. Die Saison ist schon jetzt jenseits aller Vorstellungskraft verlaufen, so dass alle, die gegen die TG Landshut im Trikot des TSV Winkelhaid einlaufen werden, dies mit durchaus breiter Brust tun sollen. Die Sympathie und Zuneigung Ihrer Fans genießen sie ohnehin.
Letztlich bleibt zu hoffen, dass diese Partie dann auch das bieten wird, was sie im Vorfeld verspricht. Den entsprechenden Rahmen wird sie auf alle Fälle haben, da aus Landshut ein Reisebus voller Fans in Winkelhaid erwartet wird.
Reserve darf nicht locker lassen
Im Vorspiel um 15 Uhr zwischen der TSV - Reserve und dem Baiersdorfer SV dürfen sich die Winkelhaider keine Nachlässigkeiten gegen den Tabellenletzten erlauben, wollen sie weiterhin im Spitzenquartett der Bezirksliga West verbleiben. Schwierig wird es auf alle Fälle, da beide Stammtorhüter nicht zur Verfügung stehen und Sven Bauer mit der A-Jugend in Sulzbach antreten muss. Die knappe 21:23 Niederlage der Gäste gegen den Spitzenreiter aus Auerbach am vergangenen Wochenende unterstreicht, dass dieses Spiel alles andere als ein Spaziergang für die Hausherren werden dürfte.