Mann über Bord - Manöver
3 Phasen
- Blitzboje ausbringen
Mann/Frau beobachten
Ort+Zeit festhalten
- dort hin fahren + Leinenverbindung
- Opfer aus dem Wasser bergen
Zwei Phasen sind schwierig (1 und 3), eine ist leicht.
Leider wird für die Prüfung nur die leichte verlangt.
Die Leinenverbindung wird dabei meist vergessen,
und die Suchverfahren werden gar nicht erst gelehrt...
Beobachten
Wer erlebt hat, wie schnell ein kleiner Kopf im Wasser hinter dem nächsten Wellenberg verschwindet, der weiss, was entscheidend ist:
- sofort Manöver einleiten:
Beidrehen oder Quick-Stop
- mit dem Schiff an Ort und Stelle bleiben
Wenn das nicht funktioniert (weil der Prüfer z.B. eine Q-Wende verlangt), gleichzeitig:
- zuverlässig beobachten
möglichst hoch stehend, mit ausgestrecktem Arm auf das Opfer hinzeigend und die Richtung ansagend ("30 Grad backbord" oder "11 Uhr").
- Ort (GPS-MOB-Taste) und Zeit festhalten für Suchverfahren und SAR-Unterstützung
hin fahren
Die "klassischen" Manöver (Q-Wende, Halse) fallen weg, weil man sich damit erstens zuweit vom Opfer entfernt (s. Beobachten), zweitens das Schiff für die Bergung nicht ausreichend lange liegenbleibt, und sie drittens für eine kleine oder geschwächte Crew sowieso nicht durchführbar sind.
Bewährt haben sich:
- Beidrehen (Münchner-Manöver)
- Quick-Stop
- Opfer in Lee aufnehmen
Das Schiff treibt nach Lee auf das Opfer zu (liegt das Opfer in Luv, treibt das Schiff binnen Sekunden vom Opfer weg und das Manöver war umsonst). In Lee ist die Bordwand niedriger. In Lee ist die See deutlich ruhiger. In Lee liegt die Baumnock für einen Flaschenzug bereit.
- sofort Leinenverbindung herstellen
Nur Beidrehen und Quick-Stop erfüllen die praxisrelevanten Bedingungen (am Mann bleiben, stabile Bergeplattform, Baum als "Kran" in Lee, keine schlagenden Schoten).
Bergen
Wer schon mal einen Sack Zement gestemmt hat, kann sich vorstellen, wie schwer zwei Sack Zement zu heben sind. Ein nasser Mensch wiegt eher noch mehr. Dazu kommt die völlig unmögliche Arbeitshaltung: das Opfer liegt 1-2 Meter unter dem stampfenden Deck. Selbst trainierte Sportler haben mittschiffs an der glatten Bordwand keine Chance, und am Heck würden sie vom stampfenden Rumpf erschlagen. Bei einem entkräfteten, unterkühlten, bewusstlosen Opfer hilft sowieso nur ein Flaschenzug. Und bis der eingerichtet ist und funktioniert, ist das Schiff schon längst wieder abgetrieben.
- sofort Leinenverbindung herstellen
Dazu muss meist ein zweiter ins Wasser, sicher angeleint, Leine an Deck sicher belegt, mit zweiter Leine für das Opfer. Bei den Manövern Beidrehen und Quick-Stop ist ein Rettungskragen an einer Schwimmleine auf einer Rolle am Heck nützlich (wenn Opfer nicht bewusstlos).
- Leine zum Bergen über fest angeschlagene Rettungsrolle am Baum zur Mastwinsch, oder über Umlenkrolle am Mast zur Deckswinsch.
Notfalls über Baumnock auf Winsch. Dauert aber ewig, wenn nicht vorher geübt...
- Unterkühlung behandeln, Lebensgefahr!
nachts
Nachts ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Opfer gefunden wird, äusserst gering. Das Manöver muss sofort eingeleitet werden. Deshalb:
- sofort Blitzboje ausbringen
- sofort Ruder legen
Wenn sich das Opfer an der Blitzboje festhalten kann, besteht etwas Hoffnung. Aber das funktioniert nur, wenn das Opfer nicht bewusstlos ist, die Blitzboje in nächster Nähe beim Opfer liegt, wenn die Blitzboje einen Treibanker hat und nicht ohne solchen ganz schnell vom Opfer wegtreibt oder gar mit einer Leine am Schiff festgebunden hinterhergezogen wird...
Suchverfahren
Trotz schneller Manövereinleitung kann der Mann verloren gehen (der Kopf hat grad mal Fussballgrösse!).
Deshalb muss jeder Skipper mindestens 1 Suchverfahren beherrschen. Leider werden diese in der Ausbildung nicht gelehrt und müssen autodidaktisch gelernt werden. Ich empfehle die Zick-Zack-Suche:
- von Lee nach Luv
- Am-Wind 080° und 280° (KüG)
- im 2-Minuten-Takt
Kapitän Walter beschreibt in seinem Buch wie's geht.
Gesucht wird bis das Opfer gefunden ist oder bis die SAR die Suche Übernommen hat. Selbst nach Tagen können Opfer noch gerettet werden.
mit Abstand das Beste zu MOB:
"Mann-über-Bord"
Grundlegendes, Suchverfahren, Manöver, Bergung, med. Soforthilfe
Kapitän G.F. Walter, Walter Verlag 1999, 19.90 Euro
detaillierte Beschreibung der Manöver:
"Mann-über-Bord, Rettungsmanöver unter Segel und Motor",
Dietrich v. Haesten, Delius Clasing Verlag 1996, 19.90 Euro
Life-Belt tragen und einpieken ist immer besser...
Markus Bärlocher