HZ-Logo
Einst das wichtigste Einfalltor
Montag, 21.Februar 2022  
 
Zum Umbau der Unterführung in der Kellerstraße: Geschichte reicht weit zurück - Damals mussten Gleise überquert werden

Hersbruck - Vom hässlichen Entlein zum stolzen Schwan, so könnte man die Wandlung der Bahnunterführung Kellerstraße beschreiben. Aus einem niedrigen, schlecht beleuchteten Fußgängertunnel  entstand eine helle, freundliche Passage von der unteren Kellerstraße zur Gartenstraße und dem Michelsberg, die nach der Ausführung der Restarbeiten sicher bald wieder offiziell freigegeben wird.
Noch im Oktober 2018 meldete die HZ unter der Überschrift „Unterführung wird zum Denkmal“ , dass nach Meinung der Experten des Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege der Durchgang    „ein bis heute unverändert erhaltenes Zeugnis sowohl für die Weiterentwicklung der Bahnlinie rechts nach Osten als auch für die rasante Entwicklung Hersbrucks...“ darstellt. Doch heute ist dieses Denkmal bereits Geschichte.

alter Uebergang Kellerstrasse

Entstanden ist die Unterführung  im Zusammenhang mit der Verlegung des zweiten Gleises der Fichtelgebirgsbahn Nürnberg - Eger in den Jahren 1888/89. Hersbruck war in der glücklichen Lage, bereits seit 1859 an die Bahnlinie Nürnberg – Regensburg angebunden zu sein, die von der privaten  „Königlich privilegierten Aktiengesellschaft der Bayerischen Ostbahnen“  errichtet und betrieben wurde.
Seit 1869 war auch der Bau einer Staatsbahn von Nürnberg nach Bayreuth bzw. Eger geplant. Damit sollte unter anderem der Transport von böhmischer Kohle und von Eisenerz aus dem Raum Auerbach zur Maxhütte in Rosenberg vereinfacht werden. Als nach dem Sieg über Frankreich 1870/71  auch Bayern von den Reparationsleistungen profitierte, war dem ansonsten permanent klammen Staatssäckel die Finanzierung des Vorhabens möglich. Die neue Bahnlinie wurde zweigleisig trassiert, aber vorerst nur eingleisig ausgeführt, um die weitere Entwicklung des Verkehrsaufkommens abzuwarten.
Hersbruck jedoch hatte als Abzweigbahnhof von Anfang an fünf  Durchfahrgleise und auch die Verbindungslinie nach Pommelsbrunn zwischen „Neuer Bahn“ und „Alter Bahn“  wurde - wie die gesamte Fichtelgebirgsbahn -   bereits 1877 in Betrieb genommen.
Das wichtigste Einfallstor in die Stadt für Fußgänger  aus dem Sittenbachtal – und Fußgänger  war damals nahezu jeder, vom Landbriefträger bis zu den Botenfrauen mit ihren großen Körben auf dem Rücken  und dem Bauern, der zum Ferkelmarkt wollte - war der große Bahnübergang in der Kellerstraße. Dort waren vier Gleise zu überqueren, weshalb die „Überfahrt“, wie damals ein Bahnübergang bezeichnet wurde,  mit zwei Vollschranken gesichert war. Zuständig für deren Bedienung war ein Schrankenwärter, der von Läutwerken über die Zugfahrten informiert wurde. Die Schrankenbäume waren damals in den Landesfarben, also abwechselnd weiß und blau gestrichen.
Nach Verlegung des zweiten Gleises in den Jahren 1888/89 wurden die schienengleichen Bahnübergänge im Stadtgebiet Hersbruck durch die heute noch bestehenden Unterführungen ersetzt. Dabei war die Unterführung Kellerstraße  nur noch für Fußgänger vorgesehen. Deren südliche Rampe wird bis heute von einer Treppe zum  Anwesen Kellerstraße 6 unterbrochen. Diese wurde als Zugang zur „Restauration von J. Ernstberger“ errichtet, die in diesem Haus ein Lokal mit Tanzsaal im 1. Stock betrieb. Bis in 1950er Jahre wurde der Gaststättenbetrieb mit Metzgerei  vom “Dorfmüller“ fortgeführt.  Angeblich konnte man dort auch die beste Stadtwurst essen. Für weitere Einkehrmöglichkeiten  in der kurzen unteren Kellerstaße sorgten schräg gegenüber  die Gaststätte „Stadtmüller“  (heute Rumpelkammer) und daneben das vornehme  Cafe Stiegler  (heute.asiatisches Restaurant). Auf der Nordseite des Bahnübergangs warteten dann noch der Westphalskeller, der Ueblerkeller, der Gengskeller und die Schmidtmeyersche Dampfbierbrauerei auf die damals anscheinend sehr durstigen Kehlen.

Dorfmueller Kellerstrasse

Nach Ende des II. Weltkrieges wurde die „BdM - Obergauschule“ der Nazis  Sitz der amerikanischen Militärregierung für Hersbruck  (heute Don-Bosco-Haus).  Für die jungen amerikanischen Soldaten war es immer ein Vergnügen, mit ihren wendigen Jeeps durch die kleine Unterführung zu fahren und dabei Fußgänger zu erschrecken. Möglich war dies, weil die rechtwinklig abzweigenden Rampen an der Nordseite damals deutlich breiter  waren. Erst mit dem Ausbau und der Asphaltierung der Gartenstraße  in den 1950er Jahren wurde vor der bestehenden Stützmauer aus Naturstein eine weitere aus Beton errichtet, wodurch sich die Breite der Rampen deutlich reduzierte.

Unterfuehrung Kellerstrasse 2022

Es wäre schön,  wenn das neue schmucke Bauwerk mit seiner ansprechenden Natursteinverblendung möglichst lange von Grafitti-Vandalen verschont bliebe.

Dieter Striegler