Nürnberg – Nachdem monatelang wegen Corona keine Unternehmungen der Hersbrucker
Altstadtfreunde stattfanden, lud der Verein nun zu einem Ausflug ins Knoblauchsland ein,
bei dem einige kulturelle Stätten besichtigt wurden.
Zuerst ging es nach Neunhof, ein im Zuge der Rodung im 12. Jahrhundert im Sebalder
Reichswald entstandes Straßendorf. Neben dem alten Forsthaus, einem typischen
Bauernhaus aus Sandstein mit Giebelverzierungen, interessierte besonders der Herrensitz,
der um 1470 entstand. Durch die Scheune kommt man im Schlosspark mit den mächtigen
Eichen bis zum Schlossgraben, um das beeindruckend hohe Gebäude mit dem
Fachwerkobergeschoss und den markanten drei Giebeln zu betrachten. Allerdings waren
die Innenräume nicht zu besichtigen, weil das Germanische Museum die Ausstellung
Gartenkultur und Landleben neu gestaltet.
Die zweite Station war das älteste Flurdenkmal in Nürnberg, die Neunhöfer Marter mit den
Steinkreuzen, die zur Sühne bei einem Totschlag vor 1500 errichtet wurden, und der hohen
Martersäule mit der kastenförmigen Ädikula, die 1435 errichtet wurde, wie in einem
Sühnevertrag zu lesen ist.
Endlos lange Felder
Von hier aus ging es zum Irrhain, der über einen Feldweg erreicht wurde. Links und rechts
reihen sich schier ewig lange Felder mit Blaukraut, Gelbe Rüben, Sellerie, Bohnen und
anderen Gemüsearten, die mit großem Interesse von den über 20 Teilnehmern betrachtet
und gewürdigt wurden. Dann steht man unvermittelt vor dem neubarocken Portal, durch
das es in den Irrhain geht. Hier trafen sich die Dichter, die sich Pegnitzschäfer nannten. Ihr
Gründer Georg Philipp Harsdörffer schrieb darüber: „Ich bin Theseus, welcher irret, den
der Zweifel Gang verwirret; aber aus dem Labyrinth werd ich durch den Faden wallen,
Ariadne zu gefallen, den ich an den Eingang bind.“
Der Nürnberger Polyhistor gründete bereits 1644 den Pegnesischen Blumenorden, eine
Sprachgesellschaft, die mit dazu beitragen wollte, die deutsche Sprache nach den Wirren
des Dreißigjährigen Krieges vor völliger Überfremdung zu retten und neben dem
Lateinischen auch das Deutsche als Sprache der Dichter zu etablieren. So schrieb er neben
den bekannten Frauenzimmer-Gesprächsspielen das Buch vom Poetischen Trichter – „die
Teutsche Dicht- und Reimkunst ohne Behuf der Lateinischen Sprache in VI Stunden
einzugießen“. Mitbegründer war der junge Theologe und gekrönte Poet Johannes Klaj.
Die Hochzeit der Familie Tetzel von Kirchensittenbach schuf dazu den Anlass und die
Dichter trafen sich anfangs auf einer Halbinsel der Pegnitz bei der Großweidenmühle. Der
Kraftshofer Pfarrer Martin Limburger, der in dem ruhigen Wäldchen seine
Sonntagspredigten verfasste, machte 1676 den Vorschlag, dass sich die Pegnitzschäfer dort
ungestört treffen könnten.
Nach dem Tod von Harsdörffer 1658 wurde Sigmund von Birken Leiter des Ordens. Sein
Vater war als Pfarrer aus dem böhmischen Wildenstein 1629 vertrieben worden und in
Nürnberg untergekommen. Dort war sein Sohn vom Kaiser für sein Friedensfestspiel 1654
in den Adelsstand erhoben worden. Birken hat der Gesellschaft viele Impulse gegeben,
sodass die Mitgliederzahl stark zunahm.
Dies und vieles mehr wurde den Altstadtfreunden bei den Gedenkstelen der Dichter
erläutert. Höhepunkt war, dass Hans Hörauf ein Pegnesisches Schäferlied vortrug, wofür
ihm wie einst den Dichtern mit einer Blume und viel Applaus gedankt wurde. Danach
wurde die historische Wehrkirche von Kraftshof besichtigt, die nach der Zerstörung am 25.
Februar 1943 wieder wie einst hergerichtet wurde. Ein amerikanischer Zweig der Familie
Kreß von Kressenstein, die die Patronatsherren waren, machte eine große Spende, zumal
sie 1944 ihren in der Nähe liegenden Herrensitz ebenfalls durch Bomben verloren hatten.
Drei Grabmäler
Von besonderer Bedeutung sind drei Grabmäler der Herren von Kreß: Das von Christoph
Kreß, der 1530 im Auftrag der Stadt Nürnberg die Augsburger Konfession unterschrieb,
das von Hieronymus Kreß, der mit 1000 fränkischen Reitern 1594 nach Ungarn zog, um
den Kaiser im Türkenkrieg zu unterstützen, und das von Jobst Christoph Kreß, der 1648 für
die Stadt Nürnberg den Westfälischen Friedensvertrag im Osnabrücker Rathaus
unterzeichnete.
Beeindruckt von der Kirche mit spätgotischem St.Georgs-Altar und Georgsrelief von 1305,
vielen Grabmälern und dem mit Türmen verstärkten Mauerring wandten sich die
Altstadtfreunde der leiblichen Stärkung zu.
Helmut Süß
Die außerordentliche Mühe diesen Text
und Fotos auf die Homepage zu bringen hat sich Schorsch Hutzler
gemacht!