Kohle und Kultur

Zweitagesfahrt der Altstadtfreunde Hersbruck

Zeitz/Gera - Dem riesigen Abbaugebiet Profen fielen mittlerweile 17 Dörfer zum Opfer. Das erfuhren die Hersbrucker Altstadtfreunde bei ihrer Fahrt in das Gebiet der Braunkohle nördlich von Zeitz.
Im ehemaligen Schulhaus von Deuben bei Teuchern verschafften sich die Franken einen Überblick. Anfangs wurde die Kohle hier unter Tage abgebaut, wie auch ein eingebauter Stollen mit seinen Maschinen verdeutlichte. Erst im 20. Jahrhundert ging man zum Tagebau über, weil die mächtigen Kohlefläze weiniger als 100 Meter unter er Erdoberfläche liegen. Diese entstanden hier im Tertiär vor über 30 Millionen Jahren in einem geochemischen Prozess.
Während die Braunkohle fürher für den Betrieb von Dampfmaschinen gebraucht wurde, wird heute der größte Teil für die Herstellung von elektrischer Energie benötigt.

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Pläne und Modelle von riesiegen Baggern verdeutlichen die tief greifenden Eingriffe in die Ökologie der Berbraureviere. In der ehemaligen DDR wurden bis zu 300 Millionen Tonnen Braunkohle im Jahr gefördert. Heute sind es weniger als 180 Mio Tonnen, die in den drei Revieren im Rheinland, in der Lausitz und in Mitteldeutschland abgebaut werden. Mit Braunkohle wird zwar ein Viertel unseres Stroms erzeugt, aber auch die Hälfte des Kohlendioxids stammt von der Verbrennung der Braunkohle. Daher befindet sich heute doppelt so viel CO² in der Atmosphäre, als in der vorindustriellen Zeit, lernten die Teilnehmer.
Sie besichtigten die ältestes Brikettfabrik der Welt in Zeitz. Entstanden war sie, weil der ehemalige Direktor der zeitzer Zuckerfabrik Mitte des 19. Jahrhunderts für die Gewinnung des Zuckers viel Energie gebraucht hatte. Daneben ließ er die Braunkohle für den Hausbrand veredeln. Die alten Fördereinrichtungen, die riesigen Pressen und uralten Transportbänder mit Ketten begeisterten die Nastalgiefans ebenso wie die umfangreiche Sammlung alter Emailherde und einserner Kanonenöfen mit Historismusverzierungen.
Gleich nebenan befindet sich am Ufer der weißen Elster die mehr als einen Kilometer lange Zuckerfabrik. Von der ehemaligen 1858 gegründeten Fabrik mit ihren roten Bachsteingebäuden ist nach der Wende nichts mehr erhalten geblieben. Der Neubau erfolgte 1995 nach der Übernahme der Firma durch Südzucker. rund 800 Landwirte liefern die Rüben, aus denen Jahr für Jahr etwa 250.000 Tonnen Zucher produziert werden.
Weitere Zahlen warteten bei der Stadtbesichtigung von Zeitz. In Form einer sprechenden Kirche wurden den Besuchern die Geschichte des 800 Jahre alten Gotteshauses bis zur letzten Renovierung erläutert. Nach einem Rundgang konnte man die 1. Auflage der 95 Thesen, so wie sie Luther 1517 an die Kirchentüre angeschlagen ließ, besichtigen, die unter dickem Panzerglas geschützt ist, da der Druck so selten ist, dass er zum Weltkulurerbe erklärt wurde.

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Erker für Apotheker

Auch dier Kirche St. Salvador statteten die Reisenden einen Besuch ab. Barock und Jugendstil treffen hier zusammen. Ein Rundgang durch die Altstadt von Gera schloss sich an, wobei dem Marktplatz mit dem Simsonbrunnen von 1685, dem Renaisssance-Rathaus und dem Apothekenerker besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurden.
Die Stadtgeschichte war im ehemalige Zucht- und Waisenhaus am Rande der Altstadt aufbereitet. Alte Ansichten der romantischen Fachwerkstadt vor 1850 und die Veränderungen in den folgenden 150 Jahren wurden mit Pinsel und Foto festgehalten.
Passend zu 100 Jahren Bauhaus steuerten die Hersbrucker einige Bauhausobjekte mit dem Bus an. Höhepunkte war die Villa Schulenburg, die der Bauhauskünstler Henry van der Velde für den Textilfabrikanten Paul Schulenburg (1871-1937) auf einem weiten Gelände mit Blick auf die Stadt Gera errichten ließ.

Viele Stile

Tief beindruckt verließ man die Villa und Gera, das um 1900 zu den reichsten Städten Deutschlands zählte. Daher finden sich dort besonders viele hochwertige Gebäude aus der Zeit des Historismus, des Jugendstils und des Bauhauses.

    Helmut Süß