Hersbruck - Vor genau 110 Jahren, Anfang Februar 1909, wurden weite Teile Deutschlands von verheerenden Überschwemmungen heimgesucht. Auch das Hersbrucker Land
hatte beim "Jahrhundert Hochwasser" vom 4. bis 6. Februar teils
existenzbedrohende Schäden und sogar ein Menschenleben zu beklagen.
"Die Bäche aller Seitentäler des Pegnitztales schwollen zu reißenden
Flüssen an und führten der Pegnitz unheimliche Wassermengen zu, so dass
sie mit kaum glaublicher Schnelligkeit selbst ein einem breiten Strom
anschwol und das ganze Pegnitztal von Neuhaus bis Nürnberg in einen
großen See verwandelte. Mit ungeheuerer Gewalt schossen und tosten die
Fluten daher, Eisschollen, Holz, landwirtschaftliche Geräte, tote Tiere
mit sich führend" so berichtet die Hersbrucker Zeitung über das
Jahrhunderthochwasser von 1909.
Nach einer langen Frostperiode war der Boden tief gefroren und mit bis
zu 40 Zentimeter Schnee bedeckt. ein plötzlicher extremer
Wetterumschwung brachte Tauwetter und starke Regenfälle. Der Boden
konnte weder Regen noch Schmelzwasser aufnehmen und so verursachten
zwei Flutwellen innerhalb von zwei Tagen erhebliche Schäden in weiten
Teilen Deutschlands.
Auch die Pegnitz führte Hochwasser, doch vor allem der Zulauf des
Hirschbaches und des Högenbaches führten zu einem rapiden Anstieg der
Wassermassen. Nachteilig wirkte sich auch die "Korrektur" der Pegnitz
bei Hohenstadt aus. Beim Bau der Fichtelgebirgsbahn Nürnberg - Eger
1877 wurden aus Platzgründen viele Pegnitzmäander beseitigt und der
Flusslauf auf weite Strecken begradigt.
In Hersbruck stürzte die ers 1868 errichtete Flutbrücke auf dem Weg zum
(heute linken) Bahnhof ein, denn an den Brückenpfeilern hängen
gebliebenes Treibgut und Eisschollen stauten die Fluten zusätzlich auf.
In Hartmannshof wurde das Holzlager einer Zimmerei weggerissen, die
Balken stießen an die Widerlager einer Bogenbrücke und rissen sie ein.
Ein Kalkbrenner, der nach Schichtende gegen Mitternacht auf dem Heimweg
war, fiel in den Högenbach und ertrank.
beide Fotos Altstadtfreunde Hersbruck
In den Mittagsstunden des 5. Februar brach aufgrund der Jahrhundertflut
auch die Eisenbahnbrücke westlich der Weidenmühle in Pommelsbrunn
zusammen. Kurz zuvor war noch ein Güterzug darübergefahren, unmittelbar
danach sollte sie ein Personenzug passieren. Der 22-jährige Johann
Lösch hatte den Einsturz bemerkt und warnte den Lokführer, der den Zug
rechtzeitig zum Halten bringen konnte. Das beherzt Eingreifen in dieser
brenzlichen Situation wurde später von der Bayerischen Ostbahnen AG mit
einer Anstellung im Betriebsdienst belohnt.
Die große Flut bewirkte ein erstes Umdenken in der
Fortschtittsgläubigkeit der damaligen Zeit. Überall wurden Astrengungen
unternommen, solche Katastrophen zukünftig zu vermeiden, sei es durch
bauliche Maßnahmen oder das, was wir heute Umweltschutz nennen.
Das Bild zeigt den Wiederaufbau der durch das verheerende Hochwasser von 1909
eingestürzten Flutbrücke zwischen Wassertor und Ostbahn. Der Fotograf aus dem
Atelier Georg Koch, Hersbruck, steht dabei in Höhe des heutigen Behelfsparkplatzes
beim Anwesen Hofmann-Löhner. Mehr als 90 Bauarbeiter sind damit beschäftigt
mittels Pfahlrammen die Gründung der Bodenlager herzustellen. Obwohl längst Rammen
mit Dampfantrieb auf Baustellen üblich waren, sind hier Handrammen im Einsatz, bei
denen das Fallgewicht - der Schlagbär oder auch Bätz - mit etwa 25 Seilen durch
Muskelkraft in die Höhe gezogen wurde. Derartige "Maschinen" waren bereits beim
Bau römischer Pfahljochbrücken im Einsatz, wie im Limesmuseum "Römer Welt" zu
sehen ist.
Ausführende Baufirma war vermutlich das Bauunternehmen Schmidt aus Hersbruck;
eine der abgebildeten Personen ist Maurermeister Fritz Löhner aus Oberkrumbach
(Hausname Westphal) aus dessen Nachlass das Bild
stammt.
Dieter Striegler