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Montag, 19. Oktober 2018

Wirtshaussterben am schönsten Fleck

Weinfahrt der Altstadtfreunde an die Mainschleife


Hersbruck/Prichsenstadt -- Die Hersbrucker Altstadtfreunde unternahmen auch heuer wieder eine Weinfahrt nach Mainfranken, diesmal um historische Gasthäuser kennenzulernen.

Erste Station war der Weinbauernhof der Familie Düll in Neuses am Berg, zwischen Dettelbach und Sommerach gelegen. Die Wirtin servierte zum Frühschoppen einen trockenen "Neuseser Glatzen" und Wolfgang Schramm, der Exil-Unterfranke, stellt über 100 Gasthäuser im Bild vor, alle entlang der Mainschleife, die der Main um die Vogelsburg macht.

Mit der Bahnhofswirtschaft in Seligenstadt begann die Historie: mit einer herrlichen Gartenwirtschaft unter den alten Kastanien. Doch die alten Signale stehen auf Halt und die Wirtschaft steht leer.

Ebenso ging es dem riesigen Zehnthof in Prosselsheim, dem Tor zur Mainschleife. Das Foto um die Jahrhundertwende zeigt eine Pferdekutsche vor dem Schwarzen Adler mit dem historischen Dorfbrunnen. Stolz präsentiert sich der Kutscher. In den 80er Jahren wurde es als Monteursherberge genutzt. Danach kamen Asylbewerber in das große Gasthaus. So ging es weiter. Nur wenige der großen Gasthäuser sind noch in Betrieb.

Prichsenstadt

Kein "Lump" mehr

Im Gasthaus "Zum Engel" in Escherndorf wurde einste der berühmte "Escherndorfer Lump" ausgeschenkt. Damals war der Wein noch an Holzstöcken angebunden, die aus den eigens dafür angebauten Akazienbäumen gewonnen wurden. Durch die Realteilung wurden die Weinberge immer kleiner. Nach 1800 wurde in der fruchtbaren Ebene der Gemüse- und Obstanbau eingeführt, da der Weinbau zu wenig abwarf. Den Gewinn hatten die Weinhändler. Erst mit der Flurbereinigung und dere Eigenvermarktung ging es wieder aufwärts.

Schramm sprach viele Probleme an, wies auf Besonderheiten wie die Echter-Türme hin und zeigte die Bunenfelder am Main, die den Flusslauf verengen sollten. Altstadtfreunde-Vorsitzender Georg Hutzler dankt dem Referenten die großartige Darstellung und die tiefen Einblicke in die Geschichte der Region.

Nach dem Mittagessen fuhr die Gruppe ins nahe Prichsenstadt, um die herrliche Fachwerkstadt kennenzulernen. Beim Friedhof mit seiner weithin bekannten Predigtkanzel empfing der Nachwächter die Gruppe und führte sie durch die Stadt, die einst von den Grafen Castell gegründet, von Kaiser Karl IV. 1367 zur Stadt erhoben wurde und 1483 an das Markgrafentum Ansbach kam.

Laufend fuhren schicke Sportwagen vorbei und als die Kirchenglocken erklangen, wusste man, dass eine Hochzeit anstand. Die über 100 Gäste aus halb Deutschland feierten im Stadel der großen Freihofs. Dieses herausragende Fachwerkgebäude von 1592 mit seinem Staffelgiebel und den vorkragenden Fensterpartien wurde in den vergangenen Jahren zu einem großen Wellnesshotel umgestaltet.


In Hersbruck tätig

Die Kirche mit dem Markgrafenaltar konnte deshalb nicht besichtigt werden. Hier in Prichsenstadt wurde zu Beginn des 30-jährigen Krieges Stephan Wechsler Pfarrer, der zuvor Superindendent von Pflaz Neuburg war. Er dann von 1620 bis 1624 erster Pfarrer von Hersbruck und er führte dort die Sterbematrikel ein. Dadurch kann ab dem 30-jährigen Krieg die Bevölkerungsgeschichte Hersbrucks gut erforscht werden.

Der Nachtwächter Hermann Schloßnagel stieß immer wieder in sein Horn und sang auch sein "Hört ihr Herren ..."teils mit Anspielung auf zeitgeschichtliche und örtliche Ereignisse.

Nach einem längerem Aufenthalt in dem interessanten Städtchen ging es an die Weinschleife nach Nordheim, wo das Abendvesper zum "Nordheimer Vögelein" eingenommen wurde, bevor der Bus alle wieder nach Hersbruck zurückbrachte.

HELMUT SÜß

 

 

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