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Samstag/Sonntag, 5./6. Mai 2018

 


Geschichte greifbar: von Kaiser bis Luther


Volles Besichtigungsprogramm bei der Zweitagesfahrt der Hersbrucker Altstadtfreunde - Apolda, Memleben, Querfurt und Eisleben waren die Stationen


HERSBRUCK/EISLEBEN - Die Hersbrucker Altstadtfreunde verbrachten ein Wochenende unter anderem in Eisleben. Am Samstag wurden Apolda, die Eckartsburg, Pfalz Memleben und Burg Querfurt besichtigt. Der ganze Sonntag war dem Kennenlernen von Eisleben vorbehalten.

In Apolda War das 100 Meter lange Viadukt der Thüringer Eisenbahnlinie Naumburg-Erfurt von besonderem Interesse, da die Sandsteinpfeiler ad einem Pfahlrost Von 1330 Eschen gegründet sind und 2000 Arbeiter 1846 das 23 Meter hohe Werk errichteten. In diesem Wichtigsten Industriestandort des ehemaligen Herzogtums Sachsen Weimar-Eisenach wurden seit 1,722 Glocken gegossen. So zahlten im 19. Jahrhundert die Glockengießereien UIrich und Schilling zu den bedeutendsten Werken in Deutschland. Im Museum wird die Entwicklung der europäischen Turmglocke und die Herstellung von Glocken in mehreren Räumen gezeigt.

Mit viel Liebe ist auch. die Entwicklung des Wirker-und Strickergewerbes und der zahlreichen örtlichen Textilbetriebe aufgebaut, die hier seit 400 Jahren für großen wirtschaftlichen Aufschwung sorgten, zumal in Apolda die ersten Strickmaschinen entwickelt wurden. Stilgerecht ist in der gegenüberliegenden Baracke das Alltagsleben in der DDR zu bestaunen. Uber 12 O00 Exponate sind in den Räumen zu sehen: Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer und Küche, Wie sie jeder hatte. Aber auch Büros, Schulzimmer, Geschäfte Arztpraxen und Frisörsalon sind nur mit Möbeln und Inventar ausstaffiert, die in der DDR. hergestellt wurden.

Dann ging es zur alten Eckartsburg, hoch oben auf dem Sachsenberg gelegen, wo die alte Via Regia die Finne überquert. Um das Jahr 1000 entstand die Hauptburg mit drei Vorburgen. Heute ist noch eine Vorburg erhalten, in der der Gefängnisturm steht. Goethes Gedicht vom getreuen Eckhardt entstand hier und Kaiser Heinrich IV. Urkundete hier, bevor er den Canossa-Gang antrat.

In die hochmittelalterliche deutsche Geschichte führte der Besuch von Memleben. In der alten Kaiserpfalz im Unstruttal lag das Zentrum der Ottonischen Herrscher im 10. Jahrhundert. König Heinrich I., der Burgen- und Städtebauer, starb dort 936. Sein Sohn Kaiser Otto I., der die Ungarn auf dem Lechfeld 955 besiegt hatte, starb in dieser Pfalz 973. Sein Sohn Otto II. stiftete hier ein Benediktinerkloster und stattete es mit riesigen Besitztümen aus. Diese verkaufte oder vertauschte Kaiser Heinrich II. 1015, um damit das neu gegründete Bistum Bamberg, zu dem auch Hersbruck gehörte, auszustatten.

Die riesige Kirche war für die Mönche zu groß, so dass im 13. Jahrhundert eine kleinere spätromanische Pfeilerbasilika mit einem Zweiturmbau errichtet wurde. An der Nordseite schlossen die Klostergebäude und der Kreuzgang an. Neben diesen sind das Westportal, die große Chorapsis und die Arkadenbogen des Mittelschiffes erhalten, die einen Eindruck von der schlichten Monumentalität erahnen lassen. Die Krypta, eine Chorkrypta aus dem 13. Jahrhundert, ist ganz erhalten. Sie ist eine dreischiffige Halle mit Gewölben, die auf Säulen ruhen.

Größte Burg

Weiter ging es ins nahe Querfurt und dort durch die größte mittelalterliche Burg  Mitteldeutschlands. Sie ist sieben Mal großer als die Wartburg. Diese Festung aus dem 9. Jahrhundert hat sich zur Filmburg entwickelt, wo Märchenfilme und „Der Medicus“ unter anderem entstanden. Die Führer in historischen Gewändern zeigten nicht nur die 1,8 Meter starken Mauern und den tiefen Burgbrunnen, sondern auch die Kasematten in den Rondellen, von denen aus die Burg mit Kanonen geschützt werden konnte. Die uneinnehmbare Westtoranlage ist ein Musterbeispiel spätmittelalterlicher Befestigungstechnik. Besonders interessant sind die Türme, denn kaum eine Burg hat drei mächtige Türme wie diese.

Nächste Station war das nahe Eisleben, der Hauptort des Mansfelder Landes, und in der leuchtenden Abendsonne wurden bald die ersten riesigen Halden des Kupferschieferabbaus sichtbar, die höher als die Cheopspyramide mit ihren 149 Metern sind.

Weiter ging es am Spital vorbei zur Neustadt, die 1511 an das alte Eisleben angebaut wurde und die für Streit sorgte. Luther kam 1546 extra nach Eisleben, um Streitigkeiten innerhalb des Mansfelder Grafenhauses zu schlichten. Kamerad Martin in Bergwerkstracht und mit Wappenschild, die Symbolfigur der Neustadt, steht in der Mitte, gegenüber dem Neustädter Rathaus in der breiten Marktstraße. Wegen Bergeinbrüchen ist es abgestützt.

Dann ging es hinauf zum Weinberg zu der alten Bergmannskirche St. Annen, daneben das 1516 gegründete Augustinerkloster, dessen Mönchszellen sich deshalb original erhalten haben, da die acht Mönche das Kloster bereits 1522 auflösten und evangelische Pfarrer wurden.

Eisleben
Wieder erlebten die Hersbrucker Altstadtfreunde eine historisch hochinteressante Fahrt.  

Der Sonntag begann mit einer Stadtführung am Marktplatz. Das Rathaus mit seinem herrlichen Portal, die doppellaufige Freitreppe und die romanische Plastik des Knoblauchkönigs waren erst der Nach dem Gottesdienst traf sich die Gruppe zur Führung durch die Andreas Kirche, den baulichen Mittelpunkt der Altstadt, die mit ihren drei Türmen von Weitem sichtbar ist. Eine Besonderheit ist die noch originale Kanzel, von der Martin Luther seine letzten Predigten hielt. Nach der Mittagspause führte der Weg über die ,Böse Sieben“, einem kleinen Stadtbach, zu Luthers Taufkirche, die nun zu einem Tauf-Projekt eine interessante Umgestaltung erfuhr, und dann zu Luthers Geburtshaus mit seiner äußerst reichhaltigen Ausstattung zur Stadt- und Reformationsgeschichte.

Danach genossen die meisten Fahrtteilnehrner das schone Wetter vor den. Cafés. Nur einige Unentwegte machten sich noch auf, die Reste des ehemaligen Wasserschlosses, den historischen Friedhof (Campo Santo) oder Luthers Sterbehaus zu besichtigen, bevor der Bus die Gruppe sicher nach Hause brachte.
HELMUT SÜSS

 

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