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Freitag, 4. August 2017

Der lange Weg der "Oxen"

Gudrun J. Malcher stellte Buch "Die Oxen-Connection" im Hirtenmuseum vor - Viehhandel war florierender Wirtschaftszweig


Die Oxen Connection

Die Autorin Gudrun J. Malcher signierte nach ihrem Vortrag noch gerne ihre Bücher für die Gäste. Foto: S. Baderschneider

HERSBRUCK (sb) - Der Sonntagsbraten ist heute etwas Selbstverstäéindliches. Dass die Beschaffung von Fleisch aber lange Zeit ein Meisterstück an Organisation erforderte, ist kaum vorstellbar. Die Regensburger Archäologin Gudrun J. Malcher rekonstruierte die Wege von Ochsenhändlern bis nach Ungarn - und entdeckte einen florierenden Handel quer durch Europa. Ihr daraus entstandenes Buch "Die Oxen-Connection" stellte sie auf Einladung der Altstadtfreunde im Hirtenmuseum vor.

Im Mittelalter stand hierzulande nur wenig Weideflache zur Verfügung, die Ochsen wurden außdem immer vor dem Winter geschlachtet, weil viele Bauern sie nicht durchfüttern konnten. Im Frühjahr und Sommer war Rindfleisch also besonders knapp. Mit wachsendem Wohlstand in der Gesellschaft stieg aber auch die Nachfrage nach Fleisch stark an. Abenteuerlustige Kaufleute machten sich deshalb auf den Weg, um Steppenrinder aus der ungarischen Puszta zu importieren. So wurden bereits 1570 jährlich 150 000 bis 200 000 Tiere nach Bayern getrieben. "Die tatsächlichen Wege zu finden war nicht ganz einfach“, erklärte die Autorin in ihrem unterhaltsamen Vortrag. Mit den vielen Tieren Wurden oft Umwege gemacht. Und doch finden sich nördlich und südlich der Donau Spuren der Trecks, unter anderem in Form von Kirchen und Kapellen, die Tierschutzheiligen gewidrnet sind.

Von dem Handel mit Vieh profitierten ganze Wirtschaftszweige und Zünfte. Metzger, Gerber und sogar Kerzenmacher zogen ihre Arbeitsgrundlage aus dem Ochsenhandel und waren angesehene Leute. Die Zünfte gewannen immer mehr an Einfluss, was den Stadtvätern oft ein Dorn im Auge war. Sie versuchten mit der Gründung von Schlachthäusern, die Fleisch billiger verkauften, das Preismonopol der Metzgerzünfte zu brechen.

Auch die logistische Komponente wurde immer ausgefeilten Handelsniederlassungen entlang der Routen und bargeldlose Tauschgeschäfte machten den Handel sicherer. Denn gefährlich war der in der Tat: Neben Raubrittern, Wölfen und Bätren machten auch Seuchen und Futterprobleme den Händlern das Leben schwer. Mit der Erschließung Europas durch die Eisenbahn war die Ara der großen Viehtriebe dann beendet. Die Industrialisierung und die Optimierung der Landwirtschaft trugen dazu bei, dass ein ausgefeilter Wirtschaftszweig, der über Jahrhunderte für Wohlstand sorgte, völlig verschwand.

Im Anschluss an die Buchvorstellung durfte die Autorin viele Fragen aus dem sehr interessierten Publikum beantworten. Daraus ergab sich zum Beispiel, dass die Route über Ungarn nicht die einzige in Europa, war. Andere Bereiche Deutschlands bekamen beispielsweise Ochsen aus dem heutigen Dänemark und Polen.



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