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Montag, 22. August 2016
 
Von Milchfahrern, Hirten und großen Bauern


Führung der Hersbrucker Altstadtfreunde: Hermann Schmitt, der Sohn des Ietzten Stadthirten, entführte in die alte bäuerliche Welt Hersbrucks

Führung

Die Gruppe in der Braugasse, rechts das ehemalige Raiffeisengebäude,
 im Hintergrund der Gänsturm.

HERSBRUCK - Die Hersbrucker Altstadtfreunde luden zu einer Führung durch Hersbruck ein. Hermann Schmitt, der Sohn des letzten Hirten Hans Schmitt, führte die Gruppe. Er war in der Nachkriegszeit, als noch zahlreiche landwirtschaftliche Betrieb in Hersbruck waren, als Hirtenjunge tätig.

Natürlich war die einst so stolze Herde in dieser Ackerbürgerstadt schon stark zusammengeschmolzen, aber es dürften anfangs doch noch an die 200 Kühe gewesen sein, die am Nachmittag auf den Hersbrucker Kuhanger am Eichenhain getrieben wurden. Beim vorhergehenden Hirten Hans Bürner waren es noch weit mehr. Aber sein Sohn Leonhard Bürner hatte mit der eigenen Landwirtschaft genug zu tun, daher führte er das Amt seines Vaters nicht mehr weiter.

Brauch des Pfefferns

Am Gansturm ging die Führung los, vorbei am ehemaligen Raiffeisenlagerhaus in der Braugasse. Beim Schreiner Ziegler, der einer der letzten Landwirte in der Stadt war, erläuterte Schrnitt den Brauch des Pfefferns: Da kam er als Hirtenbub am zweiten Weihnachtsfeiertag zu den Bauern, um mit dem Spruch "Schmeckt der Pfeffer gut - gesalzen oder geschmalzen“ die Beine des Bauern mit einer Rute zu bestreichen. Dann strahlte der Hausherr, da er doch Kraft und Besserung seiner Leiden erhoffte, und gab dem Hirtenjungen seinen Hüterlohn. Das war der Neujahrswunsch der Hirten.

In der Prager Straße hatte besonders die Familie Held einen großen Hof. Sie brauchte zur Bestellung der zahlrelchen Acker sogar ein Pferd, während die meisten klelneren Bauern nur Kühe vorspannten.

Hier wurde auch viel Hopfen angebaut und um sie von den anderen Namensträgern zu unterscheiden, hießen sie "Chauerheld", vermutlich nach dem Chörlein benannt, das das Haus ziert. Auch beim benachbarten Gemüse Zagel waren Tiere im Stall und im großen Hof, heute Gatststätte und Garten des "Blauen Hauses“. Hier waren vor allem Schafe untergebracht, die aber nicht mit dem Hirten zogen, sondern auf eigenen Wiesen geweidet wurden. In der Turngasse waren Tiere bei Geng, der eine Scheune im Spitalhof besaß, und bei Schinhammer, der im Hof einen elektrischen Krauthobel hatte, wo die Bürger ihr Sauerkraut hobeln lassen konnten.

In Zinkwannen brachten sie im Herbst die Krautsköpfe mit dem Handwagen, um das geschnittene Gut zu Hause in die Fässer einzustampfen. Auch der Nachbar Pöllinger fuhr noch lange bis in die 60-er Jahre mit seinen Kühen auf den Acker. Er baute auch Hopfen an und brauchte bei der Ernte viele Hopfenzupfer.

Durch die Hirtengasse ging es zum Hirtenhaus, in dem Hermann Schmitt einst aufwuchs. Er erzählte von der Tätigkeit des "Holmschneidens“ im Gerberstadel, von der Landwirtschaft mit Kühen, Schweinen, Hühnern und Tauben und von den zwei Bullen, die der Hirte halten musste. Der Sprungstand war im Hof, so dass die Kühe durch das Haus dorthin geführt werden mussten. Wenn eine Kuh im Ort kalbte, dann wurde nicht immer der Tierarzt geholt, sondern oft auch der Hirte.

Im Hirtenhaus

Schmitt wuchs die ersten Jahre auf dem Wasserturm auf, dann wohnte er 26 Jahre im Hirtenhaus; auch noch als sein Vater das Huten aufgegeben hatte, weil nur noch 80 Kuhe da waren. Schmitt war dann bei den Stadtgärtnern tätig.

Freilich war Schmitt um 1956 mit der kleinen Herde nicht allein, sein wichtigster Helfer war sein Hund Lux. Durch dle Martin Luther Straße, die einstige Wassergasse, ging es dann wieder hinauf. Hier erinnerte er sich an den großen Stall hinter dem Gasthaus Pfälzer Hof (heute Francesco), an die gute Stadtwurst. die der Wirt Niebler herstellte, und auch an den Brauch, dass die Kinder das Bier im Krug an der Gassenschenke vom Pfälzer Hof, vom Schwarzen Adler oder von der Wolfsschlucht abends holen mussten.

Über den Unteren Markt, wo einst die Freibank neben dem Bürgerbrau-Stadel stand und wo kranke, Tiere geschlachtet und verkauft wurden, ging es zu dem Haus des Milchfahrers Ertl, der die Milch von den Bauern holte und zur Molkerei Daiber brachte. Er lieferte aber auch die Kannen zu den Milchgeschaften, die ja Milch noch lange offen Verkauften.

Der "Drahpeiter“

Eeiner der Bauern, die mit am langsten ihre Landwirtschaft in der Stadt betrieben, War Bauer Brunner in der Hinteren Schulgasse, mit dem Hausnamen "Drahpeiter“ bekannt. Wenn er im Herbst die Scharrüben abends heimfuhr, baumelte oft eine Laterne am Leiterwagen. Der Anbau von Futterrüben als Rinderfutter ist heute durch die Maissilage ganz außer Mode gekommen.

Natürlich war der letzte Halt auf der Brücke vor dem Wassertor, wo die Tiere durch die Pegnitz getrieben wurden, nun Wasser zu saufen und auch etwas gereinigt, zu werden. Viele kleine Geschichten und Ereignisse wurden hier noch ausgeführt, bevor die Gruppe sich dann in den Vereinsgarten auf die Turnhalleninsel zurückzog, nach dem Vorsitzender Georg Hutzler dem "Hirtenboum“ für seine Führung gedankt hatte.



HELMUT SÜß


 




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