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Freitag, 1. Juli 2016

Historische Mauern

"Landsknecht" Heini Liebel führte durch die ehemalige Klosteranlage


HERSBRUCK / ENGELTHAL - Die Hersbrucker Altstadtfreunde besuchten im Gedenkjahr "700 Jahre Kaiser Karl IV.“ Engelthal und Iießen sich vom "Landsknecht" Heini Liebel, Vorsitzender des Fördervereins zur Erhaltung der Klostermauer Engelthal, durch die ehemalige Klosteranlage führen.

Der "Landsknecht“ Heini Liebel mit der Feder am Hut konnte eine stattliche Gruppe interessierter Mitglieder der Hersbrucker Altstadtfreunde in der Willibaldskapelle begrüßen. Im Chor der Kapelle, die 2005 restauriert wurde, und die vermutlich an der Stelle steht, an der Bischof Gundekar 1058 eine Kirche geweiht hat, ging Liebel auf die Geschichte von Engelthal ein.

Zufluchtsort für Schwestern

Als 1235 Kaiser Friedrich gebannt war und deshalb unter anderem in der Reichsstadt Nürnberg keine Messe gefeiert werden konnte, flüchteten sich Reuerinnen - Schwestern vom Orden der heiligen Maria Magdalena - ins Hammerbachtal, wo ihnen Ulrich von Königstein Schutz gewahrte und ihnen 1243 seine dortigen Besitzungen samt Kapelle übergab. Das Kloster wurde bereits 1248 vom Papst anerkannt und wuchs durch zahlreiche Schenkungen zu einer bedeutenden Grundherrschaft heran.

Im Landshuter Erbfolgekrieg fiel es an Nürnberg, das nach Einführung der Reformation 1525 die Aufnahme von Novizen untersagte. 1565 übergaben daher die Ietzten beiden Nonnen das Kloster dem Rat der Stadt, der dort ein sogenanntes Pflegamt errichtete. Das Kloster hatte zuletzt über 300 Untertanen und neben großen Acker und Weidegründen samt zwei Schäfereien knapp 2500 Morgen Wald. Den Ertrag der Klostergüter verwendete der Rat für die Gründung der Universitat Altdorf. Im markgräflichen Krieg 1552 wurde Engelthal durch den Markgrafen gebrandschatzt.

Die Kapelle Wurde 1811 durch einen Anbau in eine Scheune umgewandelt. Am dreiseitigen Chor mit den spitzbogigen Fenstern sind außen Wappen der Priorin Margaretha Kürmreuterin (1505), sowie der Tetzel und Koler von 1688 und 1689 angebracht. Einst war um die Kapelie der Laienfriedhof. Anschließend führte der "Lands
knecht“ die Besucher in die gegenüberliegende Johannes-Kirche, die einstige Klosterkirche, die urn 1270 nach der Art der Bettelordenskirche erbaut wurde. Daher hat sie einen geraden Chorschluss und keinen Turm.

Heini Liebel, der "Landsknecht"

"Landsknecht“ Heini Liebel, Vorsitzender des Klostermauervereins Engelthal,
erläutert die Wetzrillen an einem Klostergebäude.

Hoher Besuch

Um 1750 wurde die Kirche im Barockstil umgestaltet, wobei der reiche Stuck und die Deckengemälde für eine Landkirche ungewöhnlich sind. Damals wurde auch eine Empore und ein neuer Altar eingebaut. Die Kirche wurde Grablege des Stifters und erlebte im Jahr 1350 hohen Besuch: Kaiser Karl IV. zog mit großem Gefolge im Kloster ein, um die Nonne Christina Ebner zu besuchen. Diese war durch ihre Visionen und ihr "Büchlein von der Genaden überlast“ bekannt geworden, das sie auf Anregung ihres Beichtvaters geschrieben hatte.

Sie teilte darin die Lebensläufe der Klosterangehörigen ebenso mit wie Zeitereignisse wie das Erdbeben von 1347, den Besuch einer Geißlerschar 1349 und den Kaiserbesuch mit: An demselben Tag da
kam der römische König Karl zu ihr und ein Bischof und drei Herzögen und viel Grafen, die knieten für sie und baten sie, dass sie ihnen zu trinken gabe, und den Segen mit großer Begierde. Neben den realen Ereignissen sind es ihre Visionen, die sie schon im Alter von 14 Jahren hatte; und diese Ekstasen sind Erlebnisse der Gottesminne, einer Art des Minnesangs. Sie ist in der damaligen Zeit in die mittelalterliche Frauenmystik einzuordnen. Die Visionen, die Christine bereits ab dem 14. Lebensjahr hatte, verbreiteten sich auch außerhalb des Klosters und lockten viele Besucher an.

Durch die Sakristei ging es dann in den einstigen Kreuzgang, der heute ein Garten ist. Dort an der Südwand des Chores sind unter anderem die großartigen Grabsteine der Margareta Wolfsteinerin und des Ritters Heinrich von Egloffstein zu Herttenstein eingemauert.

Weiter ging es zu den eigentlichen Klostergebäuden, die als Vogthaus und Konventbau noch erhalten sind. Bei den Wirtschaftsgebauden beeindruckte besonders der Keller die Besucher, dessen 18 breite Stufen in ungeahnte Tiefen führen. Hier, im zirka acht Grad kalten Keller, wurden die 3700 Kase aufbewahrt, die die Untertanen dem Kloster abzugeben hatten. Im sogenannten Schlosshof konnten die Besucher auch einen Blick auf die Klostermauer werfen. Aber auch die gut erhaltene Klostermühle, die Klosterschenke und das einstige Richterhaus, das seit 1565 die Gerichtsschreiberei des Nurnberger Pilegamts und 1811 dann zum Schulhaus verwendet wurde, wurden von innen besichtigt.

Den Abschluss fand die interessante Führung im Oberen Tor, dem Amtsknechtsturm, den seit zwei Jahren der Klostermauerverein besitzt. Dort machte man es sich in der stimmigen Einrichtung gemütlich und ließ den Tag bei einer deftigen Brotzeit ausklingen.

Die Führungen durch Engelthal und seine Klosteranlage stehen auch in Begleitprogramm der Bayerisch-Tschechischen Landesausstellung:        www.begleitprogramm-karl-iv.de.
HELMUT SÜSS


Im Torstübchen Engelthal

Gemütliche Beisammensein zur Vesper im Torstübchen zwischen Sofa und Kachelofen. 
  Foto: H. SÜß

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