Donnerstag, 15. Mai 2014

 

Auf der Goldenen Straße nach Weiden


HERSBRUCK / WEIDEN – Die Hersbrucker Altstadtfreunde besuchten die Altstadt von Weiden. Sie Wollten schauen, ob noch etwas von der Zeit Karl IV. zu sehen ist, als die Stadt ihre Blütezeit hatte.

Mit dem Pendolino War die Gruppe rasch am Ziel und wanderte durch die belebte Fußgängerzone zum Marktplatz. Der Ort, der 1241 erstmals urkundlich erwähnt wurde, war bereits 1283 eine Stadt. Sie ist in dieser Zeit planmäßig angelegt Worden, vermutlich am Rande einer kleinen dörflichen Siedlung, die sich um die ehemalige Feste am Oberen Tor befand. Dort ist auch die Terrasse über der Flussaue noch unregelmäßig bebaut.

Die breite Mittelachse, die sich zum Straßenmarkt ausbaucht, verlauft in Ost-West-Richtung. Neun Seitengassen zweigen rechtwinklig ab. Beim oberen Tor befand sich auch der Friedhof um die Kirche, die 1448 auf den Mauern eines Vorgängerbaus entstanden ist. 1534 Wurde der Friedhof nach Westen außerhalb der Stadtmauer verlegt, die bereits 1347 begonnen wurde.

Neben dem Friedhof entstand das Kastengebäude der Almosenstiftung, das vom 16. bis 20. Jahrhundert als Schulhaus diente. Dieses riesige Gebäude, das aus sechs zusammengebauten Häusern besteht, wurde 1566 errichtet. Es beherbergt heute eine Galerie, das Stadtmuseum, das Stadtarchiv und das Tachauer Heimatmuseum.

Dr. Schott empfing die große Gruppe und führte zuerst durch das Stadtmuseum. Gerade im Erdgeschoss befindet sich noch ein Ziehbrunnen, um den steinerne Kugeln aufgestapelt sind. Die Stadt Nürnberg soll die riesigen Kalksteinkugeln nach Weiden zu Beginn der Hussitenkriege geliefert haben. Auch die alten Rauchküchen in der Hausmitte dürften ein hohes Alter haben. Bedeutsam für Weiden war das Tuchmacherhandwerk, das in der Stadt, das Hafnerhandwerk, das vor dem oberen Tor, und das Gerberhandwerk, das an der Waldnaab beim unteren Tor ausgeübt wurde.


Museum in Weiden

Ein Teil der Gruppe lauscht im Empfangsraum des Museums Dr. Sebastian Schott (vorne links)   Foto: H. SUß

Gerade vom Hafnerhandwerk zeigt das Museum großartige Stücke, besonders von dem Modelleur H.S.Feilner, der es zum Direktor der Fürstenberger Porzellanmanufaktur brachte. Die reiche Sammlung vom bürgerlichen Wohnen konnte ebenso nur gestreift werden, wie die Ausstellung über den Komponisten Max Reger. Mehr Zeit verblieb dann im Wuchtigen Dachgeschoss, Wo sich das Tachauer Heimatmuseum befindet. Hier konnte man sehen, Wie die Menschen in Tachau in Böhmen vor der Vertreibung lebten. Da viele Tachauer sich nach 1946 in Weiden ansiedelten, so konnte der Heimatkreisverein eine reiche Sammlung von Objekten zusammentragen.

Die mit großem Aufwand gestaltete zweisprachige Dauerausstellung "Heimat – Vertreibung – Integration“ konnte 2011 eröffnet werden. Der Tachauer Bezirk, in dem Ca. 44 000 Menschen lebten, War von der Land- und Forstwirtschaft geprägt, wies aber auch ein blühendes Handwerk auf. Von internationalem Rang war die Knopfindustrie. Neben der Sammlung von Objekten zur Tracht, Volkskunst und Volksfrömmigkeit wird auch auf die jüdische Minderheit und die berühmten Personen eingegangen.

Das Zusammenleben von Deutschen und Tschechen nach 1918 wird hier an zwei Lebensläufen personalisiert. Neben der Vertreibung wird aber auch auf die Probleme eingegangen, die bei der Ansiedlung der 12 000 Flüchtlinge und Vertriebenen in der Nachkriegszeit in Weiden entstanden sind. Tief beeindruckt ver1ieß man das großartige Museum.

Nach dem Mittagessen traf man sich zu einem Rundgang durch die historische Stadt. Die Geschlossenheit des Marktplatzes und die vielen erhaltenen Teile der .Stadtmauer Wurden von den Altstadtfreunden anerkennend gewürdigt. Natürlich fehlte auch eine Besichtigung der evangelischen Pfarrkirche St. Michael, die als ehemalige Simultankirche mit einer Rokokokanzel ausgestattet ist, ebensowenig wie die Besichtigung der neuromanischen katholischen St. Josefskirche mit ihrer Innenausstattung im Jugendstil.

Ein Glücksfall war dann, dass bei der Besichtigung des barocken Waldsassener Kastens die Museumsleiterin die Altstadtfreunde für eine angemeldete Gruppe hielt und diese in das Museum bat, in dem Spitzenstücke von Keramik aus vier Jahrtausenden zu sehen sind. Bei herrlichem Sonnenschein konnten die Hersbrucker Altstadtfreunde noch einen Kaffee auf dem Weidener Marktplatz genießen, bevor sie sich an die Heimatfahrt machten.


HELMUT SUß

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