ALTENSITTENBACH — Die
Hersbrucker Altstadtfreunde luden zu einer Besichtigung des alten
Schulhauses in Altensittenbach ein. Das Haus am Rande des Friedhof es
wurde 1746 im Barockstil erbaut und ist eines der hübschesten
Schulgebäude im Hersbrucker Altlandkreis.
Das Haus wurde unter Pfarrer Knodt von den Altensittenbacher Bürgern
zum Haus der evangelischen Kirchengemeinde umgebaut, als es nicht mehr
als Schulhaus benötigt wurde. Zuvor war im Erd- und Dachgeschoss die
Wohnung des Lehrers und im 1. Stock der Schulsaal. Dieser ist heute der
Gemeindesaal. Der anschließende Gastraum war früher das Schlafzimmer
des Lehrers. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Ulrich
Wagner als Lehrer in Altensittenbach angestellt. Von ihm ist im Archiv
einigen erhalten, so dass wir Einblick in das Leben und die Arbeit in
der Schule von damals erhalten.
Ulrich Wagner wurde 1766 als Sohn eines Schneidermeisters in Hersbruck
geboren. Er lernte eben falls den Beruf eines Schneiders und heiratete
1788 die Tochter eines Hersbrucker Schreiners. Nach deren Tod ehelichte
er 1800 eine Metzgerstochter. Vermutlich brachte damals in der
Napoleonzeit der Schneiderberuf zu wenig ein, da Ulrich Wagner 1804 ein
Schulexamen ablegte und dann mit Frau und Kindern als Lehrer auf den
Hohenstein zog. 1808 bewarb er sich um die freigewordene Schulstelle
mit folgenden Worten:
"In tiefster Ehrfurcht wage ich es an ein königlich baierisches
General Commissariat die allerunterthänigste Bitte dahin zu stellen,
daß Allerhöchst dasselbe allergnädigst geruhen wollen, mir die vacante
Schullehrerstell zu Altensittenbach huldvollst zu conferiren..."
Das alte Schulhaus in Altensittenbach war das Ziel vieler Altstadtfreunde.
In Altensittenbach war sein Verdienst besser: So erhielt er von den
zahlreichen Schulkindern 60 fl (Gulden) Schulgeld, vom Gotteshaus 40 fl
für Kirchendienst, dazu Wohnung, Garten, Wiesen und einen Acker, die
mit 75 11 jährlich angesetzt wurden. Zu den Schlachtschüsseln erhielt
er auch noch 30 Pfund Flachs, Stroh, Geschenke bei Taufen und Leichen
und 12 11 vom Ostersingen. Auch das Gras vom Kirchhof und das Obst
konnte er nützen, wurde ihm aber mit 2 fl auf seine Besoldung
angerechnet. Ebenso erhielt er für das Läuten der Kirchenglocken 10
Bund Läutstroh im Wert von 48 Kreuzern. 1828 bat er um Anstellung eines
Gehilfen, da seine Kräfte im Alter von 63 Jahren nachließen und er
schließlich 130 Werktagsschüler unterrichten musste. Da er die Gehilfen
entlohnen musste, so bat er mehrfach um Gehaltserhöhung. 1848 bittet
er, die Schul- und Kirchendienerstellte Altensittenbach seinem
Schwiegersohn Johann Thoma abtreten zu dürfen da er nach dem Tod seiner
dritten Frau nun alleine dastünde. Doch es wird wieder ein Gehilfe
eingestellt und Schullehrer Wagner stirbt im folgenden Jahr im 84.
Lebensjahr.
Nun kann die Stelle ausgeschrieben werden. Es wird ein guter,
lebenskräftiger Lehrer und tüchtiger Erzieher gesucht, besonders weil
2/3 der Familien aus Taglöhnern bestehen, deren Kinder entweder Armuts
wegen frühzeitig als Hutknaben oder Kindsmägde verdingt
werden oder die sich selbst überlassen sind, da die Eltern mit dem
grauenden Morgen zur Arbeit gehen und mit der sinkenden Sonne wieder
heimkehren.
In zahlreichen Beiträgen von Anwesenden, die in Altensittenbach die
Schule besucht hatten, wurden nun interessante Geschichten. aus der
jüngsten Zeit beigetragen, Als Flüchtlinge im Dachgeschoss einquartiert
wurden als Altensittenbach um die Mitte des letzten Jahrhunderts drei
Schulgebäude hatte, das alte Schulhaus im Friedhof, das rote
Backsteinhaus über der Bahn und den Lehrsaal gegenüber, an dessen
Stelle 1958 dann das jetzige Schulhaus errichtet wurde,
HELMUT SÜß