HZ
Samstag, 4. August 2012

Keller ohne Zukunft?

Altstadtfreunde wollen die historischen Bierkeller retten



Erbsenbodenmusikanten

Die Botschaft der Altstadtfreunde ist klar. Vereinsmitglied Jürgen Winkler (rechts) interviewt Hannes Bohner, der die Grundstückseigner vertritt, zum Hergang des Hausabbruchs und zur Zuschüttung der Keller. Fotos: M. Strauß



HERSBRUCK - „Wir sind Bierkeller“, steht auf dem Transparent, das die Altstadtfreunde bei ihrer Informationsveranstaltung auf den Schutthaufen am Grundstück des ehemaligen Montana-Clubs gestellt haben. Sie sind empört darüber, dass die Stadt dort zwei alte Kellereingänge im Zuge der Abrissarbeiten zuschütten ließ.

In einem weit verzweigten Geflecht erstrecken sich mehrere kleine und große Bierkeller - verbunden durch unzählige Gänge und Tunnel - unter dem Michelsberg. Sie dienten früher als Reife- und Lagerräume für den wertvollen Gerstensaft und wurden gemeinschaftlich von Hersbrucker Bürgern genutzt. Noch vor dem ersten Weltkrieg entstanden daraus Schankstätten mit Biergärten für Wanderer und Touristen.

So, finden die Altstadtfreunde, könnte man die Keller auch heute wieder nutzen. Der Verein fordert, die geschichtsträchtigen Bauwerke nicht verkommen zu lassen. Helmut Süß von den Altstadtfreunden hat sich viel mit der Historie der Bierkeller beschäftigt und glaubt, dass sie bis zu 330 Jahre alt sein könnten. Andere Quellen schätzen die Entstehungszeit der Gewölbe auf den Anfang des 19. Jahrhunderts. Sogar unter einigen Wohnhäusern am Michelsberg ruhen heute noch solche alten Kellerräume.

Beim Abriss des ehemaligen Montana-Clubs und eines Nebengebäudes im Mai diesen Jahres wurden die Eingangsbereiche des sogenannten „Geng s-Kellers“ und des „Schützenkellers“ zugeschüttet. Ihre Zugänge befinden sich am linken und rechten Rand des Grundstücks, das an der Ecke Gartenstraße/Kellerstraße liegt. Der Eigentümer, das Unternehmen Concentra-Bau, war der Aufforderung durch die Stadt, die beiden einsturzgefährdeten Gebäude abzureißen, nicht nachgekommen. Die Stadt griff daher in Absprache mit dem Landratsamt ein und beauftragte die Firma Bub mit dem Abbruch der Häuser (die HZ berichtete).


"Schützenkeller"

Der Zugang zum "Schützenkeller" an der Ecke Kellerstraße ist jetzt dicht.  
Foto: T. Kohl/Archivbild

Helmut Süß

Helmut Süß schätzt, dass die Hersbrucker Bierkeller 330 Jahre alt sind.

Der Liquidator des wirtschaftlich stark angeschlagenen Eigentümerunternehmens, Hannes Bohner, war bei der Veranstaltung der Altstadtfreunde ebenfalls anwesend und äußerte sich verärgert über das Vorgehen der Stadt. „Von der Zuschüttung der Keller war nie die Rede“. Zu einer möglichen Verwendung der unterirdischen Gemäuer wollte er sich aber nicht eindeutig äußern.

Grund für die Verfüllung der beiden Kellereingänge, so Stadtbaumeister Lothar Grimm, „war die von dem Gewölbe ausgehende Gefahr für Leib und Leben“. Von den Kellern auf dem Grundstück wurde zuvor zwar kein statisches Gutachten erstellt. Aus Sicht der Stadt bestand aber erhebliche Einsturzgefahr für die Backsteinräume, die sich durch Risse im Kellereingang abzeichnete.

Die HZ berichtete schon in früheren Jahren über die ehemaligen Gerstensaftlager unter der Stadt. Im August 1987 entstanden im Rahmen eines größeren Artikels Fotos von einigen Hersbrucker Bierkellern, die andeuten, wie verwinkelt das Tunnelsystem unter dem Michelsberg ist. Heute sind die Verbindungsgänge zwischen den Kellern zum Teil eingestürzt.

Jürgen Winkler von den Altstadtfreunden war kurz vor dem Abriss der beiden Häuser im Mai noch im „Schützenkeller“ und ist - auch wenn er kein Fachmann ist - überzeugt, dass keine Einsturzgefahr bestanden hat. „Ich war beeindruckt von seinem guten Zustand“, schildert er. Das Gewölbe habe einen langen Gang mit mehreren kleinen und großen abzweigenden Räumen und Hallen. Auch flatternde Tiere - womöglich Fledermäuse - seien ihm begegnet. Daher spiele auch der Artenschutz ein Thema.

„Die Sicherheit ging vor“, begründet Grimm die Vorgehensweise der Stadt. Die Altstadtfreunde fragen sich, ob es nicht auch eine einfache Tür vor dem Kellereingang getan hätte. „Wir durften nur das Nötigste tun, weil es sich nicht um städtisches Eigentum handelt“, erklärt Grimm. Die Kosten - rund 40.000 Euro - die die Stadt für den Abriss aufgewendet hat, ist der Grundstückseigentümer bisher schuldig geblieben. Momentan wird der Fall verwaltungsrechtlich geprüft.

„Eine Tür hätte zwar den Zugang zu den Kellern verhindert, aber die Einsturzgefahr an den Eingängen nicht beseitigt“, erläutert Bürgerbüroleiter Christof Rothkegel. Beim Abriss seien außerdem Schäden an den darunter liegenden Kellerdecken entstanden. „Deshalb wurden die Hohlräume verfüllt, damit von oben nichts mehr nachrutschen kann.“ Zu den Abbrucharbeiten an einem Gebäude gehöre eben auch der Keller, erklärt er, außerdem stehen die Hersbrucker Bierkeller nicht unter Denkmalschutz.

Die Altstadtfreunde wollen sich damit nicht zufrieden geben. „Die beiden einsturzgefährdeten Häuser waren zweifelsohne ein Schandfleck“, sagt Jürgen Winkler, „aber die Keller hätte man verschonen können“. Der Verein möchte die Wiedereröffnung der historischen Lagerräume erreichen und zusammen mit der Stadt und dem Grundstückseigner eine Nutzungsvereinbarung treffen.

Natürlich seien die Bierkeller auch für die Stadt nicht uninteressant, so Grimm. Daraus etwas zu machen, sei aber mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden: „Abgesehen davon sind wir nicht die Eigentümer.“ Die Altstadtfreunde wünschen sich eine Verwendung der Keller auf dem ehemaligen Montana-Grunstück für Bierfeste wie beispielsweise in Erlangen. Ob allerdings der Eigner, der eigentlich eine Wohnanlage mit Tiefgarage auf das Gelände bauen wollte, daran Interesse hat, ist mehr als fraglich.

MELANIE STRAUß

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