HERSBRUCK - „Wir sind Bierkeller“, steht auf dem Transparent,
das die Altstadtfreunde bei ihrer Informationsveranstaltung auf den
Schutthaufen am Grundstück des ehemaligen Montana-Clubs gestellt
haben. Sie sind empört darüber, dass die Stadt dort zwei alte
Kellereingänge im Zuge der Abrissarbeiten zuschütten ließ.
In einem weit verzweigten Geflecht erstrecken sich mehrere kleine
und große Bierkeller - verbunden durch unzählige Gänge und Tunnel
- unter dem Michelsberg. Sie dienten früher als Reife- und
Lagerräume für den wertvollen Gerstensaft und wurden
gemeinschaftlich von Hersbrucker Bürgern genutzt. Noch vor dem
ersten Weltkrieg entstanden daraus Schankstätten mit Biergärten für
Wanderer und Touristen.
So, finden die Altstadtfreunde, könnte man die Keller auch heute
wieder nutzen. Der Verein fordert, die geschichtsträchtigen Bauwerke
nicht verkommen zu lassen. Helmut Süß von den Altstadtfreunden hat
sich viel mit der Historie der Bierkeller beschäftigt und glaubt,
dass sie bis zu 330 Jahre alt sein könnten. Andere Quellen schätzen
die Entstehungszeit der Gewölbe auf den Anfang des 19. Jahrhunderts.
Sogar unter einigen Wohnhäusern am Michelsberg ruhen heute noch
solche alten Kellerräume.
Beim Abriss des ehemaligen Montana-Clubs und eines Nebengebäudes
im Mai diesen Jahres wurden die Eingangsbereiche des sogenannten
„Geng s-Kellers“ und des „Schützenkellers“ zugeschüttet.
Ihre Zugänge befinden sich am linken und rechten Rand des
Grundstücks, das an der Ecke Gartenstraße/Kellerstraße liegt. Der
Eigentümer, das Unternehmen Concentra-Bau, war der Aufforderung
durch die Stadt, die beiden einsturzgefährdeten Gebäude abzureißen,
nicht nachgekommen. Die Stadt griff daher in Absprache mit dem
Landratsamt ein und beauftragte die Firma Bub mit dem Abbruch der
Häuser (die HZ berichtete).

Der Zugang zum "Schützenkeller" an der Ecke Kellerstraße ist jetzt dicht.
Foto: T. Kohl/Archivbild
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Helmut Süß schätzt, dass die Hersbrucker Bierkeller 330 Jahre alt sind.
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Der Liquidator des wirtschaftlich stark angeschlagenen
Eigentümerunternehmens, Hannes Bohner, war bei der Veranstaltung der
Altstadtfreunde ebenfalls anwesend und äußerte sich verärgert über
das Vorgehen der Stadt. „Von der Zuschüttung der Keller war nie
die Rede“. Zu einer möglichen Verwendung der unterirdischen
Gemäuer wollte er sich aber nicht eindeutig äußern.
Grund für die Verfüllung der beiden Kellereingänge, so
Stadtbaumeister Lothar Grimm, „war die von dem Gewölbe ausgehende
Gefahr für Leib und Leben“. Von den Kellern auf dem Grundstück
wurde zuvor zwar kein statisches Gutachten erstellt. Aus Sicht der
Stadt bestand aber erhebliche Einsturzgefahr für die Backsteinräume,
die sich durch Risse im Kellereingang abzeichnete.
Die HZ berichtete schon in früheren Jahren über die ehemaligen
Gerstensaftlager unter der Stadt. Im August 1987 entstanden im Rahmen
eines größeren Artikels Fotos von einigen Hersbrucker Bierkellern,
die andeuten, wie verwinkelt das Tunnelsystem unter dem Michelsberg
ist. Heute sind die Verbindungsgänge zwischen den Kellern zum Teil
eingestürzt.
Jürgen Winkler von den Altstadtfreunden war kurz vor dem Abriss
der beiden Häuser im Mai noch im „Schützenkeller“ und ist -
auch wenn er kein Fachmann ist - überzeugt, dass keine
Einsturzgefahr bestanden hat. „Ich war beeindruckt von seinem guten
Zustand“, schildert er. Das Gewölbe habe einen langen Gang mit
mehreren kleinen und großen abzweigenden Räumen und Hallen. Auch
flatternde Tiere - womöglich Fledermäuse - seien ihm begegnet.
Daher spiele auch der Artenschutz ein Thema.
„Die Sicherheit ging vor“, begründet Grimm die Vorgehensweise
der Stadt. Die Altstadtfreunde fragen sich, ob es nicht auch eine
einfache Tür vor dem Kellereingang getan hätte. „Wir durften nur
das Nötigste tun, weil es sich nicht um städtisches Eigentum
handelt“, erklärt Grimm. Die Kosten - rund 40.000 Euro - die die
Stadt für den Abriss aufgewendet hat, ist der Grundstückseigentümer
bisher schuldig geblieben. Momentan wird der Fall
verwaltungsrechtlich geprüft.
„Eine Tür hätte zwar den Zugang zu den Kellern verhindert,
aber die Einsturzgefahr an den Eingängen nicht beseitigt“,
erläutert Bürgerbüroleiter Christof Rothkegel. Beim Abriss seien
außerdem Schäden an den darunter liegenden Kellerdecken entstanden.
„Deshalb wurden die Hohlräume verfüllt, damit von oben nichts
mehr nachrutschen kann.“ Zu den Abbrucharbeiten an einem Gebäude
gehöre eben auch der Keller, erklärt er, außerdem stehen die
Hersbrucker Bierkeller nicht unter Denkmalschutz.
Die Altstadtfreunde wollen sich damit nicht zufrieden geben. „Die
beiden einsturzgefährdeten Häuser waren zweifelsohne ein
Schandfleck“, sagt Jürgen Winkler, „aber die Keller hätte man
verschonen können“. Der Verein möchte die Wiedereröffnung der
historischen Lagerräume erreichen und zusammen mit der Stadt und dem
Grundstückseigner eine Nutzungsvereinbarung treffen.
Natürlich seien die Bierkeller auch für die Stadt nicht
uninteressant, so Grimm. Daraus etwas zu machen, sei aber mit einem
erheblichen finanziellen Aufwand verbunden: „Abgesehen davon sind
wir nicht die Eigentümer.“ Die Altstadtfreunde wünschen sich eine
Verwendung der Keller auf dem ehemaligen Montana-Grunstück für
Bierfeste wie beispielsweise in Erlangen. Ob allerdings der Eigner,
der eigentlich eine Wohnanlage mit Tiefgarage auf das Gelände bauen
wollte, daran Interesse hat, ist mehr als fraglich.
MELANIE STRAUß