Zu Schaukelpferd und Puppenkopf THÜRINGEN -- Bei
strahlendem Wetter starteten die Hersbrucker Altstadtfreunde zu ihrer
Zwei-Tages-Fahrt nach Thüringen. Ziel waren diesmal zwei Städte
am Nordrand des Thüringer Waldes : Ohrdruf und Gotha. Auf der
neuen Autobahn durch den Thüringer Wald über Coburg,Suhl war die kleine
Stadt Ohrdruf rasch erreicht und hier begann im Residenzschloss der
Grafen von Gleichen die Führung. Die nette Führerin erzählte von der
Geschichte von Schloss Ehrenstein, das um 1550 im Renaissancestil auf
den Resten des alten Petriklosters errichtet worden war. Im Hof konnte
man noch die Umrisse der alten Petrikirche sehen, die hier bereits im
8. Jrh. errichtet wurde, wie Ausgrabungen in den vergangenen
Jahren zeigten. Neben den Funden waren auch Sarkophage der
Fürsten, ein prunkvoller Leichenwagen und eine große Sammlung von
gestickten Bahrtüchern im Erdgeschoß ausgestellt.Im Obergeschoss war eine alte Puppenmacherwerkstatt und die vielen Erfindungen der Ohrdrufer Puppenindustrie (z.B. Puppenkopf mit Schlafaugen 1911) nebst Puppenstuben zu bewundern. In einem anderen Flügel ging es um das naturfellbezogene Schaukelpferd, das in Ohrdruf erfunden , hergestellt und in die ganze Welt exportiert wurde. Höhepunkt war die Ausstellung zu Johann Sebastian Bach, der 1695 zu seinem älteren Bruder nach Ohrdruf kam, und hier seine schulische und musikalische Ausbildung erhielt. Die Führerin lud daher die Besucher in den Prunksaal des Schlosses ein und spielte einige Stücke von Bach auf dem Cembalo. So gestärkt konnte die alte Gerberei an der Ohra besucht werden. Die Maschinen standen bereit, als ob die Arbeit gleich los gehen würde, es roch auch noch nach Leder und Gerbsäure und die beiden Führer die die Gruppe durch die Arbeitsräume führten, begeisterten die Besucher durch ihre detailreichen Erläuterungen . 1780 gab es noch 19 Lohgerber in Ohrdruf, die im 19. Jrh. auch die Naturfelle für die Schaukelpferde herstellten. So
ging es dann zum Mittagessen ins Technik-Museum
Tobiashammer. Im wunderschönen Garten erlebte man, wie es
in der DDR einst war, wenn es um die Wurst ging – man
musste sich gedulden und anstellen. Doch die Thüringer Roster
schmeckten mit dem Bier wunderbar und als noch der Verdauungsschnaps
kam, war die lästige Wartezeit schon vergessen. Beeindruckend waren die
großen Fallhämmer die durch Wasserräder betrieben wurden, und vom
Führer in der Schauanlage demonstriert wurde. Der 1480 schon
erwähnte Eisen-, Draht- und Sichelhammer ist das letzte noch erhaltene
Hammerwerk von einst 39 Werken an der Ohra. In einer riesigen
Fachwerkscheune war auch die größte Dampfmaschine der Welt zu
bewundern, die 305 Tonnen wiegt, 12 000 PS Leistung hat und 1985
hierher umgesetzt wurde. Anschließend wurde noch der vor einer Woche neueröffneten Siechhofkirche mit dem großartigen gotischen Schnitzaltar von 1480 ein Besuch abgestattet, bevor die Gruppe die alte Drogerie stürmte, die Herr Stöve noch heute betreibt, deren Einrichtung aus der Zeit der Jahrhundertwende stammt und in der es noch viele Artikel aus der DDR-Zeit gab. Gestärkt durch ein Eis und einen Spaziergang durch die Kleinstadt brachte der Bus die Gruppe nach einigem Ruckeln sicher ins Hotel nach Gotha, wo schon das Thüringer Rostbrätel wartete. Der Sonntagmorgen begann mit einem Gottesdienst in der Kirche des ehemaligen Augustinerklosters, das 1258 mitten in Gotha errichtet und 1670 zu einer Hallenkirche umgestaltet wurde. Im Anschluss daran konnte man im Kreuzgang des Klosters an einer Ausstellungseröffnung teilnehmen und nach einem kurzen Rundgang durch die Altstadt traf man sich im Hof des Schlosses Friedenstein. Dieses Schloss, das am Ende des Dreißigjährigen Krieges erbaut wurde, ist eine der kunst- und kulturhistorisch bedeutendsten Schlossanlagen Thüringens. Hoch über der Altstadt von Gotha steht das Residenzschloss der Herzöge von Sachsen-Gotha und die Führung durch die Prunkgemächer, die Kunstsammlungen und das Theater beeindruckten die Besucher aus Hersbruck sehr. Helmut Süß |