Auf Goethes Spuren in Leipzig HERSBRUCK
— „Mein Leipzig lob ich mir. Es bildet seine Leute“. So soll Goethe als
Student seine Universitätsstadt gelobt haben. Zwei Tage waren für die Hersbrucker Altstadtfreunde eigentlich zu kurz, die Stadt kennenzulernen. Schon im Bus wurden die Besucher aus Hersbruck mit bedeutenden Leipzigern und mit der Geschichte der Völkerschlacht vertraut gemacht, die im Oktober 1813 vor den Toren von Leipzig stattfand, und bei der Napoleon den vereinten Truppen der Osterreicher, Preußen, Russen und Schweden unterlegen war. Und dann stand man bei strahlendem Sonnenschein vor dem 91 Meter hohen Völkerschlachtdenkmal, das 100 Jahre nach der Schlacht errichtet worden war. 500 Stufen stieg man dann auf die Aussichtsplattform, um die Stadt in der Leipziger Tiefebene zu überblicken. Die Hersbrucker waren in Leipzigs sanierter Altstadt unterwegs. Dann
ging es ins Zentrum, vorbei an der Deutschen Bücherei und vielen leer
stehenden Häusern. Vom Neuen Rathaus, der einstigen Pleißeburg aus
wurden die stattlichen Handelshöfe, Zentrum der einstigen Leipziger
Wirtschaft besichtigt, bis man am Alten Rathaus anlangte, das der aus
Nürnberg stammende Baumeister Hieronymus Lotter 1556 errichtet hatte.
Natürlich kam man nicht an Johann Wolfgang Goethe vorbei, der vom
Naschmarkt zu Auerbachs Keller blickt. An der Thomaskirche vorbei ging
es durch das Barfußgässchen zu Barthels Hof, dem letzten erhaltenen
Handelshof aus der Zeit der alten Warenmessen, die
ja im Fabrikzeitalter durch die Mustermessen abgelöst wurden. Über das
Fregehaus, dem prächtigen barocken Romanushaus und durch die Hainstraße
gelangte man bald zur Nikolaikirche, der ältesten Leipziger
Stadtkirche mit dem wuchtigen romanischen Westwerk. Hier fanden die
Montagsgebete und die friedliche Revolution von 1989 statt, woran die
Nikolaisäule erinnert. Dort wurden die Besucher in die Mittagspause
entlassen und alle trafen sich am Nachmittag am Bachdenkmal wieder, um
in der überfüllten Thomaskirche die Bachmotette zu genießen, die jeden
Samstagnachmittag aufgeführt wird. Nach der Motette hatte man Gelegenheit, das große Ölportrait von Nikolaus Selnecker, die Selneckersakristei und das Grabmal Seineckers neben den anderen Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Anschließend ging man in die nahe Katharinenstraße, um nach dem musikalen Genuss noch einen künstlerischen Höhepunkt im Bildermuseum zu erleben. Frau Dr. Bashir-Hecht, die früher in Hersbruck wohnte, begleitete die Gruppe durch die Ausstellung und gab besonders zu den symbolistischen Werken des Grafikers, Malers und Bildhauers Max Klinger erklärende Hinweise. Die unzähligen Kunstwerke, die in dem riesigen Neubau von 2004 auf 7 000 qm Ausstellungsfläche zu sehen sind, konnten nur sporadisch betrachtet werden. Dann ging es ins Galeriehotel, einem sorgfältig renovierten Jugenstilhotel, in dem in jedem Zimmer Kunstwerke Leipziger Künstler hängen und deren Motto lautet: „Bei uns schlafen Sie mit einem Original“. Den Abend nützten viele zu einem Stadtbummel oder zum Besuch eines der zahlreichen Kabaretts. Am Sonntag war der Vormittag wieder frei, um sich dem Kirchgang oder Ausstellungsbesuch zu widmen.Viele
nützten den Tag der offenen Tür im Gewandhaus, um diesen modernen
Konzerthausneubau von innen kennenzulernen und junge Künstler bei
ihren Aufführungen zu erleben. Am Nachmittag traf man sich vor dem neu eröffneten Bachmuseum, durch das uns Musikdozent Hans Hösl, ein Nachkomme der Hersbrucker Hopfenhändlerfamilie Schramm begleitete. Vor dem arabischen Coffeebaum stärkte man sich, um dann noch einen letzten Spaziergang über den Augustusplatz zum Grassimuseum anzutreten. Dieses Haus, das sich bescheiden Museum für angewandte Kunst nennt, wurde nach der Renovierung von 2007 wiedereröffnet und hat unermessliche Schätze. Einige sahen sich die bedeutende Musikinstrumentensammlung an und ließen sich die Instrumente vorspielen, andere genossen die Werke des Kunsthandwerks von der Antike bis zur Gegenwart mit den reichen Möbel-, Keramik und Metallarbeiten. Und die dritte Gruppe war erstaunt über die reichhaltige Völkerkundesammiung aus aller Welt. HELMUT Suß |