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Donnerstag, 20. Mai 2010

 Auf Nikolaus Selneckers Spuren


HERSBRUCK — Bei den Hers­brucker Altstadtfreunden gab es zur Vorbereitung auf die Fahrt nach Leipzig einen Vortrag über Nikolaus Selnecker. Obwohl in Hersbruck geboren, verbrachte er aber doch den größten Teil seines Lebens in Sachsen. Er wurde am 6. Dezember 1530 in der Hersbrucker Martin-Luther-Straße geboren. Sein Vater war Stadtschreiber aus Nürnberg und seine Mutter war Dorothea aus dem alten Ge­schlecht der Peer aus Hersbruck.

Schon mit zwölf Jahren war er musikalisch so ausgebildet, dass er als Organist in der Nürnberger Burgkapelle Dienst tat. Dort sang er auch mit seinem hellen Knaben-sopran vor dem Kaiser, der ihn gerne nach Prag in die Knabenka­pelle mitgenommen hätte.

Als er sich 1549 zum Studium nach Wittenberg begeben wollte, wurde er durch einen Pfeilschuss im Unterleib so schwer verletzt, dass man um sein Leben bangte. Doch mit Gottes Hilfe und der Kunst der Arzte genas er und konnte doch noch abreisen. Er wohnte bei einem Bekannten sei­nes Vaters, dem Griechischprofes­sor Philipp Melanchthon.

Schon 1554 schloss er das Studi­um mit der Magisterprüfung ab und unterrichtete Studenten, bis er 1558 als Hofprediger nach Dresden kam. Da er es wagte, den Kurfürsten wegen der Jagdleiden­schaft und der Verwüstung der Acker zu ermahnen, wurde er ent­lassen. Er kam als Theologiepro­fessor in Jena unter und wurde 1568 nach Leipzig berufen. Bereits in Dresden hatte er eine Pfarrers-tochter geheiratet und hatte mit ihr mehrere Kinder.

Nachdem er 1570 in Wittenberg die Doktorwürde erlangt hatte, wur­de er von Leipzig aus in verschiede­ne Gegenden Norddeutschlands be­rufen, um dort das Kirchenwesen zu ordnen. Mit anderen Theologen hat­te er an der Konkordienformel gear­beitet. Sie entsprach Selneckers We­sen und Wunsch nach einem Leben in Eintracht. Doch immer wieder setzte er sich mit Philippisten und Calvinisten in ausführlichen theo­logischen Schriften auseinander. Mit Andreä und Chemnitz erarbeite­te er das Torgische Buch, das Bergi­sehe Buch und die „Könkordie“.

Als Pfarrer an der Thomaskirche und als Superintendent (Bischof) von Leipzig bemühte er sich um die Unterschriften der Pfarrer unter das Konkordienbuch, um die Streitig­keiten unter den Pfarrern um den wahren lutherischen Glauben zu be­enden. Erfolgreich arbeitete er lite­rarisch. So übertrug er den ganzen Psalter in Verse und erläuterte sie. Der Psalter war sein Trost und als er 1589 aus seinen Leipziger Amtern entlassen worden war, betätigte er sich als Schriftsteller und Lieder-dichter in seinem Haus in Leipzig.

Aber als ihm nach einem halben Jahr die Schriftstellerei verboten wurde und die Verhaftung drohte, floh er nach Halle und später nach Magdeburg. Von dort wurde er als Superintendent nach Hildesheim be­rufen. Nach dem überraschenden Tod des jungen sächsischen Kurfürs­ten am 25. September 1591 wurde die lutherische Lehre in Sachsen wieder eingeführt und er konnte nach Leipzig zurückkehren. Die Reise von Hildesheim nach Leip­zig im Frühjahr 1592 konnte er nur unter großer „Leibesschwachheit“ in der Kutsche verbringen. Gegen den Rat seiner Freunde begehrte er die anstrengende Fahrt mit den Worten: „Ich freue mich auf mein Leipzig, haltet mich nicht zurück. Dort will ich sterben und begra­ben sein!“ In der Leipziger Tho­maskirche wurde er Ende Mai 1592 begraben. Dort befindet sich das lebensgroße Bronzegrab mit der Abbildung des Professors Selnecker. In der Sakristei die heute seinen Namen trägt, wurde er 1589 aus seinen Ämtern entlas­sen. Und im Chor der Thomaskir­ehe hängt ein lebensgroßes Ölbild, das ihn als dritten Superintenden­teil im Alter von 62 Jahren zeigt.

Er hat 175 theologische Schrif­ten verfasst und zahlreiche Lieder gedichtet, darunter das kurze Ge­dicht: „Laß mich dein sein und bleiben  . Darauf nahm der Pfar­rer bei der Beerdigung Bezug, als er sagte: „Er ist nicht ein Wetter­hahn und Wendehals gewesen in der Lehre christlicher Religion, und hat sich nicht als ein Rohr ge­halten, das der Wind hin und her wehet; auch nicht ein Mensch in weichen Kleidern, der um Herren-gunst und weltlicher Ehren willen zu allen Veränderungen in Religi­onssachen sich hätte bewegen las­sen, sondern in einmal erkannter und bekannter Wahrheit ist er die Zeit seines Lebens fest und treu verblieben und bis in die Gruben hinein verharret.“
HELMUT Suß




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