Auf Nikolaus Selneckers Spuren HERSBRUCK — Bei den Hersbrucker Altstadtfreunden
gab es zur Vorbereitung auf die Fahrt nach Leipzig einen Vortrag über
Nikolaus Selnecker. Obwohl in Hersbruck geboren, verbrachte er aber
doch den größten Teil seines Lebens in Sachsen. Er wurde am 6. Dezember
1530 in der Hersbrucker Martin-Luther-Straße geboren. Sein Vater war
Stadtschreiber aus Nürnberg und seine Mutter war Dorothea aus dem alten
Geschlecht der Peer aus Hersbruck.Schon mit zwölf Jahren war er musikalisch so ausgebildet, dass er als Organist in der Nürnberger Burgkapelle Dienst tat. Dort sang er auch mit seinem hellen Knaben-sopran vor dem Kaiser, der ihn gerne nach Prag in die Knabenkapelle mitgenommen hätte. Als er sich 1549 zum Studium nach Wittenberg begeben wollte, wurde er durch einen Pfeilschuss im Unterleib so schwer verletzt, dass man um sein Leben bangte. Doch mit Gottes Hilfe und der Kunst der Arzte genas er und konnte doch noch abreisen. Er wohnte bei einem Bekannten seines Vaters, dem Griechischprofessor Philipp Melanchthon. Schon 1554 schloss er das Studium mit der Magisterprüfung ab und unterrichtete Studenten, bis er 1558 als Hofprediger nach Dresden kam. Da er es wagte, den Kurfürsten wegen der Jagdleidenschaft und der Verwüstung der Acker zu ermahnen, wurde er entlassen. Er kam als Theologieprofessor in Jena unter und wurde 1568 nach Leipzig berufen. Bereits in Dresden hatte er eine Pfarrers-tochter geheiratet und hatte mit ihr mehrere Kinder. Nachdem er 1570 in Wittenberg die Doktorwürde erlangt hatte, wurde er von Leipzig aus in verschiedene Gegenden Norddeutschlands berufen, um dort das Kirchenwesen zu ordnen. Mit anderen Theologen hatte er an der Konkordienformel gearbeitet. Sie entsprach Selneckers Wesen und Wunsch nach einem Leben in Eintracht. Doch immer wieder setzte er sich mit Philippisten und Calvinisten in ausführlichen theologischen Schriften auseinander. Mit Andreä und Chemnitz erarbeitete er das Torgische Buch, das Bergisehe Buch und die „Könkordie“. Als Pfarrer an der Thomaskirche und als Superintendent (Bischof) von Leipzig bemühte er sich um die Unterschriften der Pfarrer unter das Konkordienbuch, um die Streitigkeiten unter den Pfarrern um den wahren lutherischen Glauben zu beenden. Erfolgreich arbeitete er literarisch. So übertrug er den ganzen Psalter in Verse und erläuterte sie. Der Psalter war sein Trost und als er 1589 aus seinen Leipziger Amtern entlassen worden war, betätigte er sich als Schriftsteller und Lieder-dichter in seinem Haus in Leipzig. Aber als ihm nach einem halben Jahr die Schriftstellerei verboten wurde und die Verhaftung drohte, floh er nach Halle und später nach Magdeburg. Von dort wurde er als Superintendent nach Hildesheim berufen. Nach dem überraschenden Tod des jungen sächsischen Kurfürsten am 25. September 1591 wurde die lutherische Lehre in Sachsen wieder eingeführt und er konnte nach Leipzig zurückkehren. Die Reise von Hildesheim nach Leipzig im Frühjahr 1592 konnte er nur unter großer „Leibesschwachheit“ in der Kutsche verbringen. Gegen den Rat seiner Freunde begehrte er die anstrengende Fahrt mit den Worten: „Ich freue mich auf mein Leipzig, haltet mich nicht zurück. Dort will ich sterben und begraben sein!“ In der Leipziger Thomaskirche wurde er Ende Mai 1592 begraben. Dort befindet sich das lebensgroße Bronzegrab mit der Abbildung des Professors Selnecker. In der Sakristei die heute seinen Namen trägt, wurde er 1589 aus seinen Ämtern entlassen. Und im Chor der Thomaskirehe hängt ein lebensgroßes Ölbild, das ihn als dritten Superintendenteil im Alter von 62 Jahren zeigt. Er hat 175 theologische Schriften verfasst und zahlreiche Lieder gedichtet, darunter das kurze Gedicht: „Laß mich dein sein und bleiben . Darauf nahm der Pfarrer bei der Beerdigung Bezug, als er sagte: „Er ist nicht ein Wetterhahn und Wendehals gewesen in der Lehre christlicher Religion, und hat sich nicht als ein Rohr gehalten, das der Wind hin und her wehet; auch nicht ein Mensch in weichen Kleidern, der um Herren-gunst und weltlicher Ehren willen zu allen Veränderungen in Religionssachen sich hätte bewegen lassen, sondern in einmal erkannter und bekannter Wahrheit ist er die Zeit seines Lebens fest und treu verblieben und bis in die Gruben hinein verharret.“ HELMUT Suß |