HZ
Donnerstag, 4. Februar 2010

Nachbar bemerkte die Flammen als Erster


HERSBRUCK (jr) - Über 150 heimische Feuerwehrleute haben gestern früh einen Großbrand bekämpft: Ein Wohnhaus in der Hersbrucker Altstadt stand in Flammen und wurde weitgehend zerstört, der angrenzende Gänsturm ist stark beschädigt. Verletzte gab es nicht. Der Sachschaden beträgt 800 000 Euro.

Es war ein plötzliches Erwachen für die Anwohner des Hersbrucker Eisenhüttleins und des Oberen Marktes am Mittwochmorgen. Der Schneefall war in der Nacht in Regen übergegangen, und plötzlich gesellten sich heiße Flammen und beißender Rauch dazu.

Das Feuer war kurz nach 5.30 Uhr im unteren Dachgeschoss eines Gebäudes drei Häuser neben dem Hirtenmuseum ausgebrochen. Ein Nachbar bemerkte den Brand und schlug Alarm. Ihm ist es vermutlich zu verdanken, dass niemand zu Schaden kam. Denn die beiden türkischen Familien in dem brennenden Gebäude hatten noch geschlafen. Sie konnten sich dann dank der Aufmerksamkeit des Anwohners noch rechtzeitig übers Treppenhaus in Sicherheit bringen.


Zwei Personen schafften es allerdings nicht mehr durch die Tür ins Freie. Die Hersbrucker Feuerwehr fuhr ihre Drehleiter in den Hof der Schlosserei Bock und rettete die beiden über die Fenster.

In rascher Folge trafen Einsatzkräfte aus Altensittenbach, Ellenbach, Happurg, Henfenfeld, Hohenstadt und Reichenschwand ein. Da der Unglücksort in der Hersbrucker Altstadt lag, war zeitgleich die Laufer Feuerwehr alarmiert worden.

Kreisbrandrat Norbert Thiel leitete bei Schneeregen die Löscharbeiten. Die für die Einsatzkräfte ungemütliche Witterung hatte die positive Wirkung, dass sich der Brand in dem engen Ensemble denkmalgeschützter Häuser nicht so schnell ausbreiten konnte. Teams auf zwei Drehleitern und etliche Trupps vom Boden aus brachten die Flammen rasch unter Kontrolle. Wärmebildkameras lieferten wertvolle Hinweise auf Glutnester. Das Nachbarhaus wurde dank des Einsatzes lediglich durch herabfallende Dachziegel leicht beschädigt.

Den vereinten Kräften gelang es zudem, den historischen Gänsturm vor dem Untergang zu bewahren. Dessen Fachwerkfassade zum brennenden Nachbarhaus hin und eine Zimmerdecke hatten bereits Feuer gefangen. Vor allem die 36 Atemschutzträger vor Ort verhinderten Schlimmeres. Trotzdem erlitt das denkmalgeschützte Kleinod — einst Hersbrucks Wasserturm und jetzt das Domizil der Altstadtfreunde — Schäden, die Norbert Thiel auf mindestens 100 000 Euro schätzt.


Die Flammen hatten sich auch auf das Gebälk des alten Wehrgangs im dortigen Bereich ausgebreitet und verursachten Zerstörungen von etwa 25 000 Euro. Weitere umliegende Gebäude wie zum Beispiel die Metzgerei Hartmann und die Schlosserei Bock wurden von den Wehren erfolgreich gesichert.

Die Kripo Schwabach hat die Ermittlungen zur Brandursache aufgenommen. Wie in solchen Fällen üblich, ist mit Ergebnissen erst in einigen Tagen zu rechnen. Fest steht, dass das Feuer im Dachgeschoss ausbrach.

Das betroffene Wohnhaus muss höchstwahrscheinlich wegen Einsturzgefahr in den nächsten Tagen abgebrochen werden. Kreisbrandrat Norbert Thiel bedauert, dass in dem Gebäude
keine Rauchmelder installiert waren. Diese hätten Bewohner gewarnt, was wiederum zu einer schnelleren Alarmierung der Feuerwehr geführt hätte.

Neben den 150 Feuerwehrleuten mit zwei Drehleitern und acht Löschfahrzeugen war auch das BRK mit seiner Schnelleingreifgruppe (SEG) vor Ort und versorgte die Retter bei ihrem mehrstündigen Einsatz. Eine Brandwache war die ganze letzte Nacht noch im Einsatz.

Das Unglück brachte starke Einschränkungen im morgendlichen Berufsverkehr mit sich. Die Grabenstraße und große Teile der Innenstadt waren teils über mehrere Stunden hinweg gesperrt. Die heimische Polizei unter Leitung von Hans Meixner und später Feuerwehrleute sorgten für die notwendigen Absperrungen.

Bürgermeister Wolfgang Plattmeier war ebenso wie Stadtrat Robert Ilg noch während der Löscharbeiten am Brandort und machte sich ein Bild von der Lage.


Feuer griff auf Gänsturm über

HERSBRUCK (kb) — Der Brand in der Hersbrucker Altstadt ist zwar fürs erste gelöscht, an den Folgen des Feuers aber haben viele noch lange zu knabbern. Zwei Familien verloren über Nacht ihr Zuhause, der historische Gänsturm hat einiges abbekommen und auch das dort untergebrachte Archiv der Hersbrucker Altstadtfreunde ist in Mitleidenschaft gezogen.

Es riecht noch immer kräftig verbrannt, als am frühen Nachmittag ein Feuerwehrmann den Gänsturm hinaufsteigt und in jedem Raum nach dem Rechten sieht. Der Boden ist verdreckt, in der Decke klafft ein riesiges Loch, manche Balken sind verkohlt. Prospekte der Hersbrucker Altstadtfreunde liegen verstreut herum. Der Verein hatte in dem historischen Turm, der Eigentum der Stadt ist, sein Archiv untergebracht.


Wertvolle Ansichtskarten, verschiedene Fotos und Hersbrucker Zeitungsausgaben von über 30 Jahren haben sie hier aufbewahrt, erklärt Philip Sydenham von den Altstadtfreunden. Dass die Dokumente nicht den Flammen zum Opfer fielen, ist letztendlich den Feuerwehrleuten zu verdanken. Die schleppten die Schriftstücke beherzt in eilends von der Metzgerei Hartmann herbeigeholten Wurstkörben nach draußen und fuhren diese mit dem neuen Feuerwehr-Transporter in den Bauhof. „So viel ich auf den ersten Blick sehen kann, sind die Unterlagen zwar etwas zerknittert, aber größtenteils in einem guten Zustand. Den Feuerwehrleuten sei Dank “, sagt Sydenham erleichtert, als er dort die gestapelten Kartons unter die Lupe nimmt.

Während Karlheinz Wölfel von der Stadt derzeit davon ausgeht, dass der Gänsturm wieder hergerichtet werden kann - ein Gutachter wird in den nächsten Tagen erwartet -, stehen die Chancen für das benachbarte Haus, in dem der Brand gestern früh ausbrach, schlecht. Das Gebäude ist einsturzgefährdet. Die beiden türkischen Familien, die in dem Haus wohnten, sind bei Freunden und Verwandten untergekommen.

„Ihnen geht es den Umständen entsprechend gut “, sagt Wölfel. Alle zehn Personen konnten sich gestern noch vor Eintreffen der Rettungskräfte ins Freie retten und blieben unversehrt. Die Stadt habe ihnen nun Hilfe angeboten, sie will den Familien bei der Suche nach einer neuen Unterkunft unter die Arme greifen.

Während Passanten gestern im Eisenhüttlein immer wieder stehen bleiben und nach oben zu dem völlig verkohlten Dachstuhl blicken, lassen auch die Feuerwehrleute das Gebäude nicht aus den Augen. Immerhin besteht die Gefahr, dass Glutnester wieder aufflackern und sich erneut ein Feuer entwickelt. Doch noch bleibt alles ruhig. Auch der Feuerwehrmann kehrt gelassen aus dem Gänsturm zurück. Zeit für eine kleine Stärkung. Die Leberkäsweckla beim Metzger um die Ecke sind an diesem Tag gefragt wie nie.


 'nauf