Montag, 2. Juli 2007

Wo Scharrer gern saß

Altstadtfreunde besuchten Nürnberger Hesperidengärten


HERSBRUCK - Die alten Nürnberger Gärten waren das Ziel der Hersbrucker Altstadtfreunde.

Nürnberg hat heute Grünflächen von insgesamt 970 Hektar. Doch besonders berühmt wurden die Nürnberger Gärten in der Barockzeit, da hier vor allem Zitrusfrüchte angebaut wurden. Schon 1434 erwarb die Stadt die sumpfige Hallerwiese und baute sie zu einer Sport- und Spielstätte vor den Toren der Stadt aus.

Nach dem 30-jährigen Krieg wurden um die Stadt über 300 große Gärten von den Patriziern angelegt, die besonders am Pegnitzsüdhang im Stadtteil Johannis zu prachtvollen Lustgärten nach dem Vorbild der Adeligen gestaltet wurden. Berühmt wurde der Garten des Kaufmanns Volkamer, nicht verwandt mit der Patrizierfamilie Volckamer. die auf Kirchensittenbach saß. Dieser Volkamer war Seidenhändler und errichtete einen großen Garten in der Nähe des Plärrers. Seine Söhne waren Ärzte und Botaniker. Der Enkel übernahm den Seidenhandel des Großvaters und, den Garten vom Vater und schrieb 1708 das berühmt gewordene Werk: „Nürnberger Hesperides oder gründliche Beschreibung der edlen Citronen- und Pomeranzen—Früchte."

Schon 1702 hatte er eine Europakarte mit Nürnberg als Mittelpunkt und Distanzangaben herausgebracht. Volkamer nannte seinen Garten nach dem griechischen Göttergarten, in dem goldene Äpfel wuchsen. Herakles musste als eine der Aufgaben drei Äpfel entwenden, die von einem Drachen bewacht wurden. Nach Besichtigung der Stelle des großen Gartens und eines mehrstöckigen Wintergartens mit Südfrüchten unweit des Planetariums fuhren die interessierten Altstadtfreunde nach Johannis, wo sie zuerst den Garten besuchten, in dem sich einst der Hersbrucker Eisenbahnpionier Johannes Scharrer erholt hatte.

Hier wurde man von einem Posaunenensemble empfangen, das Frühlingslieder spielte. Man besichtigte den Garten, der in der typischen Art der Hesperidengärten folgende Grundstruktur aufwies: Wohnhaus in Fachwerkbauweise, hufeisenförmige Seitengebäude um einen gepflasterten Hof, Balustrade in Brusthöhe als Trennung zum Garten, Pflanz- und Blumenbeete und dahinter Nutzgarten, der heute in Hasen umgewandelt wurde. Steinskulpturen verzierten die Wege und der ca. 100 m lange Garten wurde durch ein Gartenhaus und eine Mauer abgeschlossen.

Höhepunkt der Besichtigung waren natürlich die Gärten bei Johannesstraße 43 - 47. Diese kleinen Wohnhäuser sollten um 1977 abgebrochen werden, um größere und modernere Neubauten zu ermöglichen. Glücklicherweise gab der Stadtrat dem Einspruch des Johanniser Bürgervereins nach, wich von seiner Planung ab und rekonstruierte die alten Gärten. In dem Gartenführer heißt es: „Die Längsachse des 19 m breiten Gartens wird markiert durch den mittleren von drei Längswegen, sie stellt gleichzeitig die unmittelbare Blickbeziehung zwischen dem Wohnhaus im Norden und dem Gartenhaus im Süden her.‘

Arion auf dem Delfin

Bei der Führung wurden die blühenden Zitronenbäume bewundert und die vielen Putten bestaunt, die als Zwergengrotesken, tanzende Mädchen, Herakles mit Tugend und Laster, den vier Jahreszeiten oder als Fresssack- und Bratwurstnarr die Besucher erfreuten. Neben dem Arion-Brunnen, wo der griechische Dichter mit seiner Kithara auf dem Delfin schwimmt, interessierte besonders die Sonnenuhr, die nach der Beschreibung der Volkamer wieder nachgebaut wurde, wobei die Stunden Buchsbäumchen waren.

Beeindruckt schlenderten alle nach der Führung noch einmal durch die großartige Gartenlandschaft, bevor sie sich zu einer kräftigen Vesper im Hof des Barockhäusles niederließen und den milden Sommerabend auf diese beschauliche und genussreiche Art verbrachten. Helmut Süß








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