Montag, 13. September 2004

Ansturm auf Kleinode

Schusterhaus war am "Tag des offenen Denkmals" begehrt

HERSBRUCK/MOSENHOF (jr) - Gleich scharenweise haben am gestrigen Tag des offenen Denkmals Besucher die Möglichkeit genutzt, einmal ein „Postkartenmotiv “ von innen zu sehen. Von der Burg über eine Klostermauer bis zur Kirche war für jeden Geschmack etwas dabei. Vor dem Hersbrucker Schustershaus am Wassertor bildeten sich zeitweise Warteschlangen. Auch weniger zentral gelegene Schmuckstücke wie das Mosenhofer Hirtenhaus lockten Neugierige an.
 

Andreas Utzat (rechts) erläutert die Besonderheiten 
des Mosenhofer Hirtenhauses.       Fotos: J. Ruppert 

Auf steilen Stiegen mussten die Besucher 
den Hersbrucker Gänsturm hinauf, oben 
entschädigte die Aussicht für die Mühen.

„Noch 1930 mussten Fuhrwerke 30 Pfennig Pflasterzoll zahlen, bevor sie in die Hersbrucker Altstadt hineindurften “, sagte Hersbrucks stellvertretender Bürgermeister Norbert Dünkel zur Begrüßung am Schustershaus. Der markante Fachwerkbau mit Sandsteingiebel an der Wassertorbrücke und Spitzweg-Kamin diente damals als eines von drei Zollhäusern. „Heute gibt es stattdessen Parkgebühren “, merkte das Stadtoberhaupt an. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte ein Schuhmachermeister namens Schuster das Domizil und so entstand die heute gängige Bezeichnung Schustershaus.

Dünkel dankte der jetzigen Eigentümerin Johanna Wagner, dass sie das Schmuckstück mit viel Herz und Liebe zum Detail sanieren ließ. Wie schön das Gebäude nun innen aussieht, davon überzeugten sich danach Hunderte von Interessierten.

Die Sanierung ergab auch einige neue historische Denkanstöße. Wie ein Steinmetz berichtete, deuten etliche Untersuchungen auf eine frühere Bauzeit als die außen angebrachte Jahreszahl 1690 hin: so zum Beispiel für das 17. Jahrhundert eher untypische Sandsteine im Fundament und das ebenfalls für diesen Zeitraum uncharakteristische Ochsenblut in den analysierten Farbresten.

Richard Munker zeigt im oberen Stockwerk des Gänsturms einen Löffelbohrer, 
das geöffnete Fenster bietet einen Blick auf die Braugasse.

Mit dem diesjährigen Schwerpunktthema „Wasser “ am Tag des offenen Denkmals hat der Hersbrucker „Gänsturm “ auf den ersten Blick nichts zu tun. Über das Gebäude wurde aber einst das im Buchgebiet gewonnene nasse Element in die Stadt hineingeführt und auf die vier Brunnen verteilt. In den Karten von Paul Pfinzing aus dem späten 16. Jahrhundert ist der Wasserturm mit den dazugehörenden „prunrören “ eingezeichnet - ein Indiz, welch eine herausragende Bedeutung das jetzige Denkmal für die Menschen einst hatte.

Als Rohre dienten damals ausgehöhlte Baumstämme. Die Hersbrucker Altstadtfreunde, die das Gebäude sanierten und seit über zehn Jahren nutzen, zeigten das Werkzeug für die Herstellung der mittelalterlichen Leitungen: einen Löffelbohrer. Wer sich auf den steilen Stiegen den Gänsturm ganz hinaufwagte, wurde mit einem Rundblick auf die Dachlandschaft von Hersbrucks Innenstadt belohnt.

Einblicke im wahrsten Sinne des Wortes bot das Hirtenhaus im Happurger Gemeindeteil Mosenhof. Das Fachwerkgebäude mit einem Kreuzgratgewölbe als Stall aus dem Jahr 1811 wird vom Ehepaar Utzat stilgerecht renoviert. Deshalb konnten die Besucher das „Innenleben “ von offenen Fehlböden bewundern.

„Es gab hier in der Gegend zwar etliche Hirtenhäuser, aber kaum eines ist so ursprünglich erhalten “, wies Andreas Utzat seine Gäste auf die baugeschichtliche Bedeutung des Kleinods hin. Sein Ziel ist es, das Hirtenhaus (mit Abstrichen) so zu restaurieren, wie es früher ausgesehen hat
 
 

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